piwik no script img

Grün-schwarze Koalition in BaWüGeheimabsprachen zum Haushalt

Grüne und CDU haben in Baden-Württemberg weit mehr vereinbart, als im Koalitionsvertrag steht. Nun werden Details öffentlich. Die Opposition ist empört.

Was bereden Sie da? Thomas Strobl und Winfried Kretschmann im Stuttgarter Landtag Foto: dpa

Stuttgart/Ulm dpa | Die baden-württembergischen Regierungsparteien Grüne und CDU haben neben dem Koalitionsvertrag in einem Geheimdokument Milliardenausgaben vereinbart. Trotz der gespannten Finanzlage hätten sie sich ohne Information der Öffentlichkeit auf bevorzuge Projekte geeinigt, berichtete die Südwest Presse. Regierungskreise bestätigten den Bericht am Samstag. Die SPD – nach ihrer Wahlniederlage am 13. März nun in der Opposition – reagierte entsetzt.

So werde die demokratische Kultur mit Füßen getreten, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch der Deutschen Presse-Agentur. Der Ex-Bildungsminister verlangte, die Absprachen unverzüglich offenzulegen. Für die Landtagssitzung am kommenden Mittwoch beantragte er eine Debatte dazu.

Dem Zeitungsbericht zufolge gibt es bei den Nebenabreden eine Liste mit 43 Maßnahmen, die ausdrücklich „vom Haushaltsvorbehalt ausgenommen“ sind. Demnach sollen die dort aufgeführten Projekte unabhängig von der Finanzlage des Landes bis 2021 umgesetzt werden. Von 2020 an gilt aber eine Schuldenbremse – ein Verbot neuer Kredite. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag heißt es: „Für alle finanzwirksamen Maßnahmen gilt ein Haushaltsvorbehalt.“

In dem zwölfseitigen Geheimdokument seien konkrete Ausgaben von 1,365 Milliarden Euro für einmalige Maßnahmen festgehalten – zum Beispiel für die Digitalisierung, Wohnraumförderung und Polizeiausstattung, berichtet die Zeitung weiter. Hinzu kämen Projekte, die dauerhaft finanziert werden müssten.

Aus Koalitionskreisen verlautete am Samstag, dass die Regierung zu dem Ziel stehe, die „Politik auf Pump“ zu beenden. Wenn an einer Stelle Geld für wichtige Investitionen ausgegeben werde, müsse woanders gespart werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Bei Winfried Kretschmann geht das immer. Er ist der Herr der Demokratie. Siehe seine Volksabstimmung zu Stuttgart 21. Seine Partei macht alles mit.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Das geht so nicht. Das Parlament hat das Haushaltrecht und nicht ein paar Auserwählte. Das ganze hat in der Öffentlichkeit debattiert zu werden und ist nicht in geheimen Absprachen festzulegen.

     

    Der eigentliche Skandal ist aber die Umsetzung. Das Parlament muss das ja trotzdem in ein Haushaltsgesetz umsetzen. Damit das klappt muss man die Abgeordneten auf Linie bringen. Da kann man dann keine Diskussionen zulassen und wenn man es doch tut können es nur Scheindiskussionen sein. Anders geht es wohl nicht. Angesichts der Schuldenbremse muss man irgendwie dafür sorgen, dass die Kürzungen abgenickt werden, sonst fehlen die Mittel für die neuen Ausgaben.

     

    Die Arroganz die sich hier zeigt ist bemerkenswert. Dass die CDU-Abgeordneten tun was man ihnen sagt glaube ich sofort. Wie es aber Kretschmann geschafft hat die Grünen so hinzubiegen, dass sie einfach die ihnen vorgesetzten Haushalte absegnen ist mir ein Rätsel. Er muss da schon den Dreh raus haben, er sagt ihnen was sie zu tun haben und trotzdem wählen sie ihn wieder. Die Grünen sind wohl also endgültig im politischen Mainstream angekommen.

     

    Man muss sich einmal klar machen was da geschieht. Das geht hin bis zu dutzenden Reden im Parlament bei denen die Redner so tun als sei das so ihre Idee gewesen und als sei das so in irgend einer Form zwischen den Abgeordneten ausdiskutiert worden. Man muss also nicht nur das Parlament zur Abnickveranstaltung nach chinesischem Vorbild machen, man muss es auch noch dazu bringen eine Auseinandersetzung die es nicht gibt zu simulieren.

     

    Wie auch immer, Demokratie geht anders.

    • @32795 (Profil gelöscht):

      Das Parlament hat auch weiterhin das Haushaltsrecht. Koalitionsverträge ist eine Vorhabensliste von 2 Parteien die die Regierung bilden.

       

      Und man nimmt sich vor bestimmte Aufgaben zu priorisieren und Sie von der Haushaltsbremse auszunehmen.

       

      Im Jahr X (zB 2018) wird dann das BW-Parlament über die entsprechenden Gesetze Abstimmen.

       

      Das ist kein Problem für die Demokratie.

      • 3G
        32795 (Profil gelöscht)
        @Tim Leuther:

        Es geht nicht um den Koalitionsvertrag, es geht um ein geheimes Zusatzprotokoll von dem die eigenen Abgeordneten nichts wissen. Wäre die Sache so harmlos hätte man es ja in den offiziellen Teil schreiben können. Und, nicht 2 Parteien haben sich da geeinigt, sondern Neun Auserwählte im Hinterzimmer.

         

        Es geht auch nicht um die Ausgaben. Es geht um die wegen der Schuldenbremse nötigen Einsparungen. Diese hätte man wohl erst einmal mit den eigenen Abgeordneten ausdiskutieren müssen, dazu hatte man aber wohl keine Lust. Der Koalitionsvertrag wäre so wohl nicht von den eigenen Abgeordneten angenommen worden, also belügt man sie und bringt sie dann später auf Linie...

         

        Wie stellen Sie sich das vor, wie setzt man diese Geheimabsprache am Ende durch? Was erzählt man da den eigenen Abgeordneten damit diese auch gegen ihren Willen zustimmen?

         

        Das stinkt zum Himmmel.

  • wo ist das Problem?