: Grün ist, wenn Pappi nicht da ist
■ Landesvorstand der Bremer Grünen tritt zurück / Rechenschaftsbericht beklagt „lethargische“ Mitgliedschaft und fehlende Mittel bei hohen Ansprüchen / Bei der Nachwahl bisher nur eine Kandidatin für drei Quoten-Plätze
Was ist das, „DIE GRÜNEN“? Für die vierjährige Arlin Adam ist die Sache klar: DIE GRÜNEN, das ist soviel wie „Klausi ist nicht da...“ Denn Klaus Adam ist ihr Vater und seit einem Jahr Sprecher des Landesverbandes der Bremer Grünen. Für seine Frau, schreibt Adam in seinem Rechenschaftsbericht, heißt „DIE GRÜNEN“ schlicht: „also habe ich heute abend wieder die Kinder“. Und für Klaus Adam heißt beides
nach einem Jahr, daß er „gerade um des grünen Lebensstils willen aufhören“ will mit der politischen Vorstands-Arbeit: sie ist „frauen-und kinderfeindlich“ Das „aufhören-will“ interpretiert Adam mit dem Sprachwitz Wolf Biermanns: „Ich möcht am liebsten weg sein und bin doch am liebsten da...“
Bis auf eine geht der gesamte Landesvorstand der Grünen. Die drei Frauen und drei Männer ha
ben sich untereinander gut verstanden, insgesamt über 6000 Minuten zusammen gesessen und dabei 480 Gläser Sekt und 94 Liter Bier getrunken - „das alles lies sich nur im Kollektiv ertragen“.
Unzufriedenheit artikulieren sie in ihrem Rechenschaftsbericht, der heute abend der Mitgliedschaft vorgelegt wird, vor allem „mit Euch faulen, lethargischen, zerstrittenen, bornierten Mitgliedern“, auf der anderen
Seite mit dem Apparat der „Ganz-Tags-Grünen“ in der Fraktion: während der Vorstand gerade 34 Presseerklärungen gebracht hat habe die Fraktion 250 mal geraschelt.
Oft zwischen den beiden Polen der („lethargischen“) Mitgliedschaft und der gut ausgestatteten Fraktion zerrieben, verweisen einzelne Landesvorstandsmitglieder auf Erreichtes: So wurde im Januar 1988 mit Unterstützung der grünen „Fundis“ und der CDU gegen die SPD ein grüner Ortsamtsleiter ins Amt gebracht, wo doch die „Realos“ sich doch Realpolitik immer mit der SPD gegen die CDU vorgestellt hatten. Findet Dieter Mützelburg. Klaus Adam, als „Fundi“ gewählt, sieht es als Erfolg, daß man die Fraktion wieder auf größere Distanz zu den „getanen Sachen“ ( Tatsachen) in puncto Flughafen-Ausbau gebracht habe.
Heike Dieball geht mit dem Zustand der Frauenpolitik ins Gericht: „Papier ist geduldig“ und die Mitglieder auch. „Lauter, mutiger, eindeutiger“ müßten die grünen Frauen werden, wollten sie wieder etwas politisch bewegen.
Aber für die drei Vorstands-Ämter, die die Quotenregelung heute abend den Frauen reserviert, hat sich bisher nur eine Kandidatin gefunden.
Optimistisch sind die scheidenden Vorstands-Leute vor allem in
einem: „Ihr seht uns wieder. Diesere Landesvorstand kandiediert spätestens 1991 als Team zur Bürgerschaftswahl...“
K.W.
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