: Großprojekte vom Tisch
Die neue Münchner Bürgermeisterin Sabine Csampai (Grüne) ■ I N T E R V I E W
Berlin (taz) - Im Zuge des überraschenden Regierungsbündnisses von SPD und Grünen in München kommt die bayerische Landeshauptstadt zum ersten Mal in den Genuß einer Bürgermeisterin. Die bisherige Grünen-Fraktionschefin Sabine Csampai (38) übernimmt einen der beiden Stellvertreter-Posten von SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter.
taz: Hat das Bündnis von SPD und Grünen die Qualität einer Koalition?
Csampai: Nach der Gemeindeordnung ist eine Koalition nicht möglich. Aber diese Vereinbarung hat einen koalitionsähnlichen Charakter, der sich darin zeigt, Anträge im Gemeinderat gemeinsam abzusprechen.
Bündnis und Vereinbarung kamen so überraschend wie schnell
-blieb da Zeit für gründliche Überlegungen, was der SPD abzutrotzen sei?
Das ging zwar alles sehr schnell, aber wir haben bereits im Wahlkampf vieles besprochen. Dabei haben wir zahlreiche Punkten abgeklopft, wo Übereinstimmungen sind und wo nicht. Es ging uns eher um Grundzüge der Politik, und bei der angespannten Haushaltslage kann man so auch Politik betreiben.
Wie?
Wir legen Schwerpunkte auf den Sozial-, Ökologie- und Kulturbereich. Daraus ergibt sich automatisch, daß andere Bereiche nicht mehr finanziert werden können. Großprojekte, die in München zur Debatte standen und von einer schwarz -roten Koalition durchgesetzt worden wären, sind jetzt allein aus finanziellen Gründen vom Tisch.
Erfolge für Sie. Wo blieb denn die SPD hart?
Einen Kompromiß gab es bei der geplanten Messe-Verlagerung auf das freiwerdende Gelände des jetzigen Flughafens Riem. Die Grünen waren dagegen. Geblieben ist lediglich ein Finanzierungsvorbehalt.
Und der Ausstieg aus dem AKW Ohu II?
Problematisch ist, daß München selbst beim Abstoßen seiner Ohu-Anteile Strom beziehen muß - und das wird Ohu-Strom sein. Dennoch: Wir haben beschlossen, daß der Ausstieg aus Ohu in den nächsten sechs Jahren passiert. Wir haben eine Verwaltung, die in weiten Bereichen fortschrittlichen Gesichtspunkten abwiegelnd gegenüber steht. Etwa die Ausländerbehörde. Die geht zwar nach Recht und Gesetz vor, aber vieles ist Auslegungssache. Die Umsetzung der einzelnen Punkte von uns wird zum Teil gegen den Widerstand der Verwaltung durchgesetzt werden müssen. Nach drei Jahren sehen wir dann, wer loyal zu uns war und wer nicht - und werden daraus die Konsequenzen ziehen.
Interview: Axel Kintzinger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen