Großereignis des Nordischen Skisports: Auf dem Sprung zum anderen Level
Vinzenz Geiger will beim Seefeld-Triple den Dominator Riiber ärgern. Sein Verwandter, Skispringer Karl Geiger, hätte sicher gute Tipps parat.
Zwei Typen aus Oberstdorf sorgen momentan bei den deutschen Wintersportlern für die Schlagzeilen. Karl Geiger bei den Skispringern und der Kombinierer Vinzenz Geiger. Natürlich ist es naheliegend, dass ihnen immer wieder die gleiche Frage gestellt wird. „Seid ihr miteinander verwandt?“ Karl erklärt: „Direkt verwandt sind wir nicht, aber schon über ein paar Ecken. Das ist schon ein bisschen verwässert.“ Vinzenz wird konkreter: „Wir haben denselben Ururgroßvater.“ Dann fügt er an: „Es reicht zu sagen: entfernt verwandt.“
Karl Geiger, Vinzenz Geiger, dazu noch die Slalomfahrerin Christina Geiger. Die trägt mittlerweile den Nachnamen Ackermann. Gefühlt hört halb Oberstdorf auf den Nachnamen Geiger. Weit gefehlt. Die Nachfrage beim Einwohnermeldeamt ergibt, dass 97 Personen mit dem Name Geiger gemeldet sind. Bei etwa 9.700 Einwohnern. Aber zumindest sind die Geigers sportlich.
„Man trifft sich halt, wir sind ja beide aus Oberstdorf. Deshalb kennen wir uns gut“, sagt Vinzenz zu den gemeinsamen Lebenslinien. Zumindest im Winter üben sie immer an unterschiedlichen Orten ihren Sport aus.
Über Karl Geiger ist in den vergangenen Wochen sehr viel in den Medien berichtet worden, seit er bei der Vierschanzentournee groß aufgetrumpft hat und gerade die Gesamtwertung im Weltcup anführt. Vinzenz Geiger ist dadurch aufgefallen, dass er der einzige Athlet ist, der Jarl Magnus Riiber, den überragenden Kombinierer in dieser Saison, schlagen konnte. Zweimal in zehn Wettkämpfen.
Vorbild und Trainer
Inspiriert wurden beide Sportler durch Großereignisse in ihrer Heimat. Beim 26 Jahre alten Skispringer Karl war es das Auftaktspringen der Vierschanzentournee. „Ich kann mich noch bestens an die Siege von Martin Schmitt erinnern, der zwischen 1998 und 2000 dreimal hintereinander gewonnen hat. Das war schon ziemlich cool damals“, berichtete er über seine Anfänge. Der 22-jährige Vinzenz kann sich noch gut an die nordischen Weltmeisterschaften 2005 erinnern. „Ich war recht oft an der Schanze und im Langlaufstadion“, erzählt er. Dort habe er den Spirit aufgenommen. Begeistert hat ihn damals Ronny Ackermann, der Weltmeister im Einzel und im Sprint wurde. Heute ist das damalige Idol Vinzenz’ Trainer.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Auch wenn die gemeinsamen Wurzeln schon weit auseinanderliegen, in einigen Punkten sind sich Karl und Vinzenz Geiger ähnlich. Die Heimat und die Berge sind ihnen wichtig, gerne spielen sie Schafkopf. Und beide drängt es nicht mit aller Macht ins Rampenlicht. „In Oberstdorf lag die Aufmerksamkeit auf Johannes Rydzek, was auch vollkommen okay war“, sagt der 1,80 Meter große Sportler. Immerhin ist Rydzek sechsfacher Weltmeister. Gemeinsam wurden sie aber auch Olympiasieger im Team. Geiger sah in seinem Schattendasein vor allem praktische Vorzüge. „Für die Entwicklung ist es schöner, wenn man sein Zeug machen kann“, sagt er. Dieser Satz hätte auch aus dem Mund von Karl kommen können.
Sein Ding will Vinzenz Geiger an diesem Wochenende in Seefeld machen. Das Seefeld-Triple ist für die Kombinierer das, was die Vierschanzentournee für die Skispringer ist. Natürlich ist der Norweger Riiber, der mit 960 von 1.000 möglichen Punkten die Weltcupwertung anführt, der große Favorit. Doch Geiger will sich ranziehen, ihm mehr als nur Paroli bieten. Den Überflieger am liebsten wie in Ramsau und in Val di Fiemme hinter sich lassen. Leicht wird das nicht, weiß er. „Jarl ist im Moment in einer so guten Form, er bringt die Sportart noch einmal auf ein anderes Level“, erläutert er. Der Schlüssel zum Erfolg liegt vor allem beim Springen. „Auf der Schanze muss man schon extrem viel richtig machen“, sagt er, „wenn man nah genug an ihm dran ist, dann kann man ihn als guter Läufer schon schlagen.“ Gut laufen kann Vinzenz Geiger.
Ausgerechnet am vergangenen Wochenende sind ihm auf seiner Heimschanze keine guten Sprünge gelungen. Ein Jahr vor der nächsten WM in Oberstdorf hat er den richtigen Absprung nicht erwischt. Vielleicht trifft er sich aber mal mit Karl Geiger zu einem gemeinsamen Training. „Geiger und Geiger auf der Schanze“. Das wäre doch eine Schlagzeile.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann