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GroßbritannienDoch keine Blitzwahlen

Überraschend erteilt der Premierminister und Labour-Chef Brown vorgezogenen Wahlen im Herbst eine Absage. Liberale sprechen von einem demütigenden Rückzieher.

Wagt aus taktischen Gründen nun doch keine Neuwahlen: der britische Premier Brown. Bild: rtr

DUBLIN taz Gordon Brown hat Angst bekommen. Der britische Premierminister sagte am Sonntag die vorgezogenen Neuwahlen ab, über die seit seinem Amtsantritt im Juni spekuliert wurde. "Es wird keine Wahlen geben", sagte er der BBC. "Ich habe eine Vision für Veränderungen in Großbritannien, und ich möchte der Bevölkerung zeigen, wie wir das in der Regierung umsetzen." Stattdessen habe er sich bisher mit Krisen beschäftigen müssen: der Maul-und-Klauen-Seuche, dem Terrorismus, der Bankenkrise.

Nun hat er seine eigene Krise am Hals. Die Oppositionsparteien nutzten die Gunst der Stunde. "Der Premier hat große Schwäche und Unentschlossenheit gezeigt", sagte Tory-Chef David Cameron. "Es ist deutlich geworden, dass er sich in den vergangenen Monaten nicht auf das Regieren konzentriert hat." Der Chef der Liberalen Demokraten, Menzies Campbell, fügte hinzu: "Die Frage ist, warum jemand wie Brown sich und seine Regierung in eine Lage manövriert hat, in der er zu einem solch demütigenden Rückzieher gezwungen ist."

Nach britischen Recht kann der Premierminister Wahlen nach Gutdünken ansetzen. Brown hatte zwar selbst nie von vorgezogenen Neuwahlen im Herbst gesprochen, aber die Spekulationen geschürt. Nach ersten guten Umfrageergebnissen im Juli ernannte er Douglas Alexander zum Wahlkampfmanager, er ließ seine Berater verkünden, dass Labour bereit sei für Neuwahlen, und im September schaltete Labour Job-Inserate im Guardian für Wahlkampfhelfer.

Brown hoffte, dass das Wahlkampffieber die Delegierten auf dem Parteitag vor zwei Wochen zu strikter Loyalität veranlassen würde. Nicht bedacht hatte er, dass es dieselbe Wirkung auf die Tories hatte. Einen solch harmonischen Parteitag wie vorige Woche hatten sie lange nicht erlebt, Kritik aus den eigenen Reihen an Cameron war verstummt.

Brown hingegen hat einige Fehler gemacht, die ihm die Wähler ankreiden. Die Vision und das eigene Profil, von denen er spricht, sind schwammig geblieben. Er hat ein paar Tories abgeworben, und er hat Punkte aus dem Tory-Programm übernommen - die Verstärkung der Grenzpolizei, die Initiative zur Verbrechensbekämpfung, die Beschränkung der Immigration. Und zu Beginn des Tory-Parteitags verkündete er vergangenen Dienstag den weiteren Abzug britischer Truppen aus dem Irak. Das kam nicht gut an, weil es zu sehr ein taktisches Manöver war, um die Aufmerksamkeit vom Tory-Parteitag abzulenken.

Doch der entscheidende Grund, keine Neuwahlen zu wagen, ist das Versprechen der Tories, Häuser im Wert bis zu 1 Million Pfund steuerfrei vererben zu dürfen. Zwar ist die Finanzierung dieses Steuergeschenks an die Mittelschicht unausgegoren, doch Labour braucht Zeit, um Schwachstellen aufzuzeigen. So hat Camerons Rede, in der er den Plan vorstellte, den Tories Auftrieb gegeben, der innerhalb weniger Wochen nicht wettzumachen ist. Labours eigene Umfragen ergaben am Wochenende, dass die Tories der Regierungspartei 49 Unterhaussitze abnehmen könnten. Das hätte zu einer Pattsituation im Parlament geführt. So schien es Brown sicherer, einen blamablen Rückzieher zu machen, als seine Karriere zu riskieren.

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