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Größtenteils harmlos

■ Mit dem fünften Teil der "Per Anhalter durch die Galaxis"-Reihe schafft sich Kultautor Douglas Adams seine künstlichen Welten ziemlich rabiat vom Leibe

„Per Anhalter durch die Galaxis“ mag, oberflächlich betrachtet, nur eine ziemlich wirre Science-fiction-Satire sein. Für den echten addict waren die Geschichten um den bestverkauften intergalaktischen Reiseführer natürlich immer mehr. Objekt endloser, alkoholgetränkter Kneipendiskussionen, Spielball wilder Spekulationen, Trost in grauen Zeiten, Verschönerung bunterer Tage. Die zerfledderten Paperbacks wurden immer und immer wieder gelesen, weiterverliehen und nicht zurückgegeben. Lieblingsstellen waren kaum noch lesbar (aber man konnte sie ja sowieso auswendig). Wer den Anhalter nicht kannte, war ein armer Tropf. Wer ihn kannte und nicht liebte, ein wirklich hoffnungsloser Fall.

„The Hitch-Hikers Guide to the Galaxy“, wie Douglas Adams seinen Weltenraum-Parforceritt im englischen Original taufte, war ursprünglich nur eine Radioserie mit sechs Kurzfolgen. Diese entwickelte sich in Großbritannien schon während der ersten Ausstrahlung zum Kult. Die Geschichten um das auf der Suche nach einer Tasse Tee ziellos durchs Universum torkelnde Erdenmenschlein Arthur Dent mußten mehrfach wiederholt werden, gewannen kofferweise Preise und wurden schließlich fürs Fernsehen verfilmt.

Vom Erfolg überwältigt, von Verlagen gedrängt und von Fanbriefen eingeschüchtert, erweiterte Adams seine ursprünglich aus zwei Bänden bestehende „Trilogie“ tatsächlich auf drei, denen schließlich ganz selbstverständlich ein vierter Teil hinzugefügt wurde. Während Band eins und zwei hauptsächlich aus der Radioserie bestanden und gezeichnet waren von Zeitdruck und Alkoholkonsum, bestach der dritte durch endgültige Durchgeknalltheit. Vor Band vier hatte sich Adams ganz offensichtlich unsterblich verliebt, und danach sollte ja sowieso Schluß sein.

Adams wandte sich ab vom Anhalter, erfand Dirk Gently, einen Detektiv mit äußerst ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden, und schenkte ihm zwei neue Geschichten – eine sehr gut („Der elektrische Mönch“), eine so lala („Der lange, dunkle Fünfuhrtee der Seele“). Und schrieb noch ein Reportagebuch über aussterbende Tierarten.

Doch der Anhalter verfolgte ihn. Man muß sich vorstellen: Der Mann bekommt immer noch säckeweise Post von den nicht wenigen Hardcore-Fans, die wissen wollen, wie man einen pangalaktischen Donnergurgler mixt, wie es Marvin geht, oder – einfacher – worauf das Leben, das Universum und der ganze Rest denn nun eigentlich hinauslaufen. Mal ganz abgesehen davon, daß natürlich auch Adams selbst die Antwort nicht kennt, hatte er wohl einfach genug von den lästigen Fragen. Also ein fünfter und diesmal wirklich letzter Band.

„Mostly harmless“ heißt der im Original, also so wie der vollständige Eintrag über die Erde in dem intergalaktischen Reiseführer, der der Trilogie den Titel gab. Und hat doch nicht mehr viel mit seinen vier Vorgängern zu tun. Zwar gibt es da noch einige der Protagonisten, Arthur Dent spielt wieder seine von Passivität überwältigte Hauptrolle, Ford Prefect ist wieder hektisch, und sogar Trillian, über die Adams selbst gesagt hat, daß er sie zu Unrecht vernachlässigt habe, erhält eine tragende Rolle. Aber wo sind der abgesetzte Präsident der Galaxis, Zaphod Beeblebrox, und sein zweiter Kopf? Und vor allem, wo ist der manisch depressive Android Marvin?

Adams braucht sie nicht mehr, denn schon nach wenigen Seiten wird klar, „Einmal Rupert und zurück“ soll der Abgesang werden. Ohne die berühmten Exkurse und kleinen Randnettigkeiten, ohne Zitate aus dem Reiseführer, statt dessen kleinste Ideen ausführlichst und zeilenschindend ausspinnend, steuert das Buch auf das endgültige Ende der „Trilogie“ zu. Da Adams so viele Figuren, Nebenschauplätze und Handlungsstränge angelegt hatte, war es nicht einfach, ein passables Ende zu finden, wenn man nicht zu rabiaten Mitteln greift, wie der Autor es auch notgedrungen tut: Er läßt die ganze Chose einfach in die Luft gehen. Wie er das macht, entbehrt nicht einer gewissen Eleganz, natürlich gibt es auch hier den einen oder anderen amüsanten Umweg.

Aber über allem hängt die traurige Gewißheit, daß es dieses Mal engültig keine Fortsetzung geben wird, daß diese knapp dreihundert Seiten hauptsächlich dazu dienen, den Autor vom selbstgeschaffenen Fluch zu befreien. Wenn sich Adams da nicht mal verrechnet hat, denn wahre Fans können hartnäckig sein, und wahrscheinlich sind längst Kneipengespräche im Gange, die um die Frage kreisen, mit welchem Trick die pulverisierte Erde doch noch wieder in unsere Realitätsebene zurückgeholt werden kann. Thomas Winkler

Douglas Adams: „Einmal Rupert und zurück“, Hoffmann und Campe Verlag 1993, 285 Seiten, geb., 35 DM

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