Griechenland vom Emissionshandel ausgeschlosen: Ärger aus Brüssel
Griechenland kann einen Ausstoß von Treibhausgasen nicht korrekt berechnen - nun haben die UN das Land vom internationalen Emissionshandel ausgeschlossen.
Die Vereinten Nationen setzen das Kioto-Protokoll zur Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen tatsächlich durch - das ist die Botschaft hinter einer jetzt veröffentlichten Entscheidung von Rechtsexperten der Weltorganisation. Die Mitglieder im Ausschuss zur Umsetzung des Abkommens haben Griechenland weitgehend ausgeschlossen vom internationalen Handel mit Rechten, Kohlendioxid und andere klimaschädliche Gase auszustoßen. Der Grund: Die Griechen können den Fachleuten zufolge die Emissionen in ihrem Land nicht zuverlässig berechnen. "Es hat an den richtigen Daten und der richtigen Infrastruktur gehapert, um die Zahlen zu liefern", sagt der Sprecher des UN-Klimasekretariats John Hay in Bonn. Die Regierung in Athen gibt zu, dass sie ihre Messmethoden verbessern muss.
Der Emissionshandel soll den Staaten helfen, ihre Wirtschaft beim Klimaschutz zu schonen: Statt ihre Unternehmen zu kostspieligen Umweltschutzmaßnahmen zu zwingen, dürfen sie sich Verschmutzungsrechte kaufen. Die Zertifikate kommen aus anderen Ländern, die weniger Emissionen produzieren, als ihnen das Kiotoprotokoll erlaubt. Diese Möglichkeit, sich freizukaufen, haben die UN nun Griechenland verboten.
Direkte praktische Folgen hat das nicht. Denn Griechenland nimmt noch gar nicht am Emissionshandel zwischen Staaten teil. Und beim Handel zwischen Unternehmen in der Europäischen Union könnten die Griechen weiter mitmischen, sagt EU-Kommissionsprecherin Barbara Helfferich der taz.
Aber die Brüsseler Behörde erhöht wegen des UN-Beschlusses den Druck auf die säumigen Griechen. "Wir prüfen, ob wir ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland einleiten müssen", erklärt Helfferich. Die Kommission vermutet, dass Griechenland auch gegen EU-Klimaabkommen verstoßen hat. Sollte die Regierung in Athen nicht nachgeben, müsste sie womöglich mit Millionen Euro büßen. Doch das kann dauern, und Griechenland wird wohl vorher die Forderungen der UN erfüllen.
Dennoch ist der Ausschluss aus dem Emissionshandel peinlich für die Griechen, die sich ohnehin den Ruf erworben haben, es mit internationalen Verpflichtungen nicht so genau zu nehmen: Ihre Aufnahme in die Euro-Zone 2002 hatten sie sich laut EU-Statistikamt mit gefälschten Zahlen zum Haushaltsdefizit erschlichen. Nun sind sie die ersten, die wegen Verstößen gegen das Kioto-Protokoll aus dem Emissionshandel ausgeschlossen werden. Gegen Kanada eröffnete der UN-Ausschuss bisher nur ein Verfahren, das ebenfalls mit dem Ausschluss enden könnte.
Doch auch dieses Mal kann sich Griechenland noch retten: Wenn es innerhalb von drei Monaten einen Plan vorlegt, wie es das Problem lösen will, werden die UN-Experten neu entscheiden. Sie fordern von den Griechen vor allem, dass sie Personal für die Berechnung stellen, Fristen setzen und die nötigen Statistiken erheben.
Dazu müssen die Kioto-Länder den nahezu kompletten Ausstoß mehrerer Gase in allen ihren Wirtschaftssektoren erfassen. Die Formel zum Beispiel für den Methan-Ausstoß von Kühen ist eigentlich einfach: Zahl der Kühe mal die Emissionen eines Durchschnittstiers. Die nach Alter, Geschlecht und Ernährung differenzierten Durchschnittswerte liefert der Weltklimarat. Diese Formel wenden die Statistiker auch auf die anderen Quellen von Treibhausgasen an: etwa alle Brennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Gas.
Deutschland liefert diesen "Inventarbericht" seiner Emissionen seit 2003. Beteiligt ist daran auch der Physiker Jakob Graichen vom Öko-Institut. Er begrüßt die UN-Entscheidung: "Das ist schon ein starkes Signal: Länder können sich nicht durchmogeln, wenn sie am Kioto-Prozess teilnehmen."
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