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Greenpeace-WarnungGifte im Obst werden nicht entdeckt

Staatliche Labore analysieren laut Greenpeace die Hälfte aller Ackergifte im Essen nicht. Die Organisation fordert einen Widerruf der Zulassung.

Ackergifte können sich im Obst und Gemüse anreichern Bild: taz archiv
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BERLIN taz Die Deutschen unterschätzen, wie viel giftige Chemie in Obst und Gemüse steckt. Grund: Selbst die Chemiker in den besten staatlichen Labors untersuchen Früchte nur auf die Hälfte alle Gifte, die sich unter der Schale sammeln können. Davor hat am Donnerstag die Umweltorganisation Greenpeace gewarnt. Ihr Chemie-Experte Manfred Krautter erklärt: "Die staatliche Lebensmittelüberwachung ist zu schlecht ausgestattet."

Krautter beruft sich auf die knapp 80-seitige Studie: "Grenzen der Pestizidanalytik", für die der Hamburger Lebensmittelchemiker Günter Lach die Daten und Methoden der Kontrollstellen analysiert hat. Die Landwirte weltweit versprühen etwa 1.350 chemische Mittel gegen lästige Insekten oder wucherndes Kraut. Diese Ackergifte können sich auch im Obst und Gemüse anreichern. In Maßen sind diese Rückstände erlaubt, es gibt aber Höchstgrenzen. Für die Kontrolle der Belastungen sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Sie nehmen im Handel regelmäßig Stichproben.

Die Labore testen die Früchte aber nur auf einen Bruchteil der gängigen Spritzmittel. Krautter sagt: "Die meisten staatlichen Labore untersuchen weniger als 400 Wirkstoffe." Nur im besten Fall kämen sie auf 600. Denn viele Ackergifte seien nur in aufwändigen, teuren Tests nachzuweisen. Das treffe vor allem auf neuere Mittel zu, für die noch keine billigen Standardverfahren entwickelt worden seien.

Allein in den letzten drei Jahren hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - es untersteht CSU-Agrarminister Horst Seehofer - 38 Ackergifte zugelassen. Krautter: "12 davon können von den staatlichen Labors nicht getestet werden." Darunter zum Beispiel das Mittel Sulfosulfuron der Konzerne Syngenta und Monsanto, mit dem Bauern Weizen spritzen und das verdächtig ist, Krebs zu erregen. Krautter fordert: "Die Zulassung für die im Essen nicht kontrollierbaren Pestizide muss sofort widerrufen werden." Das Bundesamt wollte sich bis zum Redaktionsschluss am Donnerstag nicht äußern.

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