American Pie: Grant der Große
■ Noch ist Jordan nicht abgetreten, da steht der Nachfolger schon bereit
Er verdient das meiste Geld, er darf in Filmen an der Seite von Bugs Bunny mitspielen, er gilt als bester Basketballspieler aller Zeiten, dennoch droht Michael Jordan erneut eine kleine Schmach. Gerade hat ihn Grant Hill schon wieder bei der Fanabstimmung für das All Star- Game am 9. Februar in Cleveland überholt. Das war bereits im vergangenen Jahr so, als der 24jährige Spieler der Detroit Pistons die meisten Stimmen erhielt, ebenso 1995, als Jordan gerade Baseball spielte und Hill als erster NBA-Neuling überhaupt in der Gunst der Fans ganz vorn lag.
Mit seinem einnehmenden, sanften Wesen spricht Hill die Masse jener Basketballanhänger an, denen Michael Jordan zu unnahbar, Shaquille O'Neal zu glamourös und Dennis Rodman zu eklig ist. Sein sportliches Vorbild war, obwohl sein Vater als Footballprofi bei den Dallas Cowboys spielte, keineswegs O.J. Simpson, sondern der ehrenwerte Tennisspieler Arthur Ashe, in kaum einem Artikel wird vergessen, auf seine karitativen Aktivitäten hinzuweisen. Hinzu kommen die spielerischen Fähigkeiten des als legitimer Jordan-Nachfolger gepriesenen Hill. Bei den Detroit Pistons, die mit ihren derzeit 24 Siegen zum Erstaunen aller nur von Chicago (29) und den Lakers (25) übertroffen werden, erzielte er im bisherigen Saisonverlauf keineswegs nur die meisten Punkte. Er holte auch die meisten Rebounds, verteilte die meisten Assists, stibitzte die meisten Bälle und muß sich bei den Blocks nur knapp geschlagen geben. Besonders wirkungsvoll sind seine mehrfach angetäuschten Dribblings, bei denen er die Gegenspieler so aus der Balance bringt, daß sie ihn zwangsläufig foulen, ohne ihn am Korberfolg hindern zu können.
Das Image des lieben, intelligenten Ballzauberers wurde von Sponsoren und der NBA bisher nach Kräften gefördert, nur den Pistons paßt die Harmlosigkeit ihres Stars nicht ganz in den Kram. Schließlich haben sie einen Ruf zu verteidigen. Ende der 80er Jahre waren die Pistons die bösen Buben der NBA und wurden zweimal Meister. Vor allem das infernalische Trio Dennis Rodman, Bill Laimbeer und Rick Mahorn schüchterte die Kontrahenten ein, während Isiah Thomas und Joe Dumars für die zivilisierte Komponente zuständig waren. Geblieben ist Dumars, doch Mahorn wurde zu Saisonbeginn zurückgeholt, um der Mannschaft mehr Biß beizubringen. Und selbst Laimbeer ward jüngst wiedergesehen – in einem Werbespot, in dem er Grant Hill in der Kunst des Ellenbogenchecks unterrichtet. Matti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen