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Grandseigneur im Holzfällerhemd

Selbst die zivilisierte Fassung seiner Helden: Der Maler und Musiker DM Bob  ■ Von Michael Hess

Sieht so ein echter Cowboy aus? Frisch geduscht, das spitze Unterlippenbärtchen korrekt gestutzt, im Haar der leichte Ansatz einer Tolle. Nein, dieser baumlange Kerl steht eher für die zivilisierte Fassung jener rauhbeinigen Farmersknechte, die haufenweise seine Songs und Bilder bevölkern. Höflich, zurückhaltend, ja beinahe schon norddeutsch unterkühlt stellt er sich vor: Bob Tooke, alias DM Bob. Ein Grandseigneur im Holzfällerhemd.

Seit nunmehr acht Jahren lebt und arbeitet der Amerikaner als Künstler in Hamburg. 33 war er, als es ihn aus den Sümpfen Louisianas hin zur Elbe zog. Kein einfacher Schritt in dem Alter, es sei denn, man ist verliebt und die Freundin mag keine Moskitos. Bob verließ Baton Rouge, nachdem er dort sein Kunststudium beendet hatte. Schon damals war die künstlerische Leidenschaft zweigeteilt. Mit seiner Band, den Bushdogs, spürte er den rauhen Musikwurzeln Louisianas nach: alter Rhythm & Blues, Swamp, Rockabilly, einfacher Country-Trash. Und als Maler entdeckte er bald den Trick, wie man Bilder verkauft: „Ich nahm nur 23 $ pro Bild. Da merkte ich, daß die Leute Kunst kaufen, sobald sie günstig ist. Mir ist es gleich, ob ich für 10.000 $ im Jahr ein Bild male oder 500. Es ist gut, viele Bilder zu machen, denn ich bin Maler und ich kann das.“

Dieser Stelle folgt ein Lachen, so als müsse er sich selbst davon überzeugen, daß dies wirklich funktioniert. Tut es aber, zumindest manchmal. Bobs Bilder gibt's in in seinem Stammladen, dem Art-Store in der Wohlwillstraße. Oder auf Konzerten, wo für ihn das Publikum gleich doppelt zählt. Ein Bekannter aus Amerika war von Bobs Verkaufstalent derart beeindruckt, daß er ihn ehrfürchtig „Deutschmark Bob“ nannte. Der mit dem Kapitalismus tanzt. Selbst für DM Bob jedoch auf Dauer keine allzu leichte Übung. Die erste Band, die er hier gründete, nannte er noch hoffnungsvoll DM Bob & The Big Profits. Von wegen, man spielte sozusagen für die Galerie: Songs, die nur wenige kannten und wohl auch kaum einer kennen wollte. Einen Teil des Lebensunterhalts verdient sich Bob seither als Lehrer für Geschäftsenglisch. Der Rest geht ausgerechnet auf das Konto der Deficits, seiner jetzigen Band, die es mittlerweile im In- und Ausland zu bescheidenem Ruhm brachte. Dank guter Label-Kontakte sind ihre CDs sogar in der alten Heimat erhältlich.

Doch was zählt ist der Lokalbezug. Und der geht vom Art-Store aus. Hier lernte Bob nicht nur Guido und Susie von den Deficits kennen, sondern auch die malenden Kollegen der Hamburger Musikszene, wie etwa Nils von Fink oder Jakobus von Ja König Ja. Die Frage nach einer Trennung von Künstler- und Musikeridentität stellt sich für ihn nur am Rande: „Ich sehe keine ästhetische Verbindung zwischen meinen Bildern und der Musik. Aber beide haben etwas Primitives und den klaren Bezug zu den Südstaaten.“ Ein Bezug, der mit der Dauer des freiwilligen Exils an Stärke gewinnt. Dabei sieht er sich weniger in der Rolle des Botschafters, so wie sein Kölner Kollege Hank McCoy, der sich sein Südstaaten-Heimweh öffentlich mit Kochrezepten von der Seele schreibt. „Ich bin eher der kritische zynische Beobachter. Es gibt soviel, was ich an den Südstaaten hasse, aber die Musik gleicht das immer wieder aus.“

So strahlen seine Augen, wenn er statt von durchgeknallten Rednecks über seine musikalischen Vorbilder spricht, über Slim Harpo oder Al Ferrier, den er vor kurzem sogar noch besuchte. Und der Gedanke, irgendwann einmal ganz dorthin zurückzugehen, weckt schließlich sogar den Cowboy in DM Bob: „Hamburg ist eine coole Stadt, aber ich hab' mich daran gewöhnt“, sagt's und lacht wieder, so als könne er es selbst nicht glauben.

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