Grabsteine mit QR-Code: Totenkult wird zeitgemäß
Grabsteine mit Internetzugang: Timothy Vincent sieht darin eine Chance, die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit und dem Tod zu verbessern.
taz: Herr Vincent, sind es Angehörige oder Verstorbene, die sich einen Grabstein mit QR-Code wünschen?
Timothy Vincent: Das Interesse ist klar auf Seiten der Angehörigen, die über diese Möglichkeit einen Weg sehen, sich mit ihrem Verlust anders als herkömmlich auseinanderzusetzen. Die Gestaltung von Grabmalen mit QR-Code steckt in Deutschland bzw. in Europa aber noch in den Kinderschuhen. Die Nachfrage ist somit noch nicht hoch.
Dient so eine Webseite noch der Erinnerung an einen Toten, oder erhält man jemanden dadurch virtuell am Leben?
Der QR-Code (für Quick Response, schnelle Antwort) enthält digitale Informationen und lässt sich über Mobiltelefone und Scanner einlesen.
Es ist eine andere oder vielleicht sogar eine zeitgemäßere Form von Erinnerungskultur, und jemanden virtuell am Leben zu erhalten funktioniert nicht. Entweder jemand lebt, oder er ist tot. Erinnerungen abrufbar zu haben, über welche Möglichkeiten auch immer, sei es Foto, Film oder Internet, führt dazu, das der Schmerz des Verlustes zu Freude über das Gehabte werden kann.
Stört ein Internet-Link auf einem Grabstein nicht die Abgeschlossenheit des Erinnerungsortes Friedhof?
Hier stellt sich eher die Frage, warum muss ein Ort wie der Friedhof abgeschlossen sein? Vielleicht ist diese Isolierung, dieses vermeintlich Absonderliche gerade der Grund für die fehlende Auseinandersetzung mit Endlichkeit und Tod, die in unserer Gesellschaft vorherrscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee