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Grabschändung auf Berliner FriedhofUrne von Fritz Teufel gestohlen

Das Grab von Fritz Teufel in Berlin wurde von Unbekannten geöffnet. Sie nahmen die Urne mit und streuten die Asche auf die Gehwege des Friedhofs. Der Staatsschutz ermittelt.

Zwei Blumensträuße stehen auf dem durchwühlten Grab von Fritz Teufel. Bild: dpa

BERLIN taz/ddpa/dpa | "Menschenschänder" und "Teufel kommen in die Hölle" soll nach Berichten in den Boulevardmedien in einem Brief stehen, der am Grab Fritz Teufels gefunden wurde. Das Urnengrab des im Juli verstorbenen 68er-Spaß-und-Ernst-Guerilleros auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte war am Samstag von Unbekannten geöffnet, die Asche des Verstorbenen auf einem Friedhofsweg verstreut worden. Teufels Urne ist seither verschwunden.

Die Polizei bestätigt nur so viel: Fritz Teufels Grab ist leer, die Urne weg, die Asche wurde auf dem Friedhofsweg gefunden. Spaziergänger hatten am Samstagvormittag das geöffnete Grab entdeckt und die Polizei verständigt. Deren Sprecher bestätigt zwar, dass "ein Stück Papier in der Nähe des Grabes" gefunden wurde. Über dessen Inhalt will er aber ebenso wenig sagen wie darüber, ob es Rückschlüsse auf die Täter und deren Motive zulässt. Auch darüber, ob die verstreute Asche zusammengefegt und aufbewahrt wurde, wie manche Zeitungen berichten, macht die Polizei keine Angaben.

Fritz Teufel, 1946 in der Nähe von Mainz geboren, kam 1963 nach Berlin. Dort wurde der Mitbegründer der Kommune 1 mit Beginn der Studentenbewegung zunächst mit Aktionen wie dem "Pudding-Attentat" auf den damaligen US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey bekannt, für die er später selbst den Begriff der "Spaßgerilja" erfand. Ab 1975 saß er wegen des Vorwurfs der Beteiligung an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz durch die Terrorgruppe "Bewegung 2. Juni" fünf Jahre in Untersuchungshaft. Im Jahr 1980 wurde Teufel freigesprochen. Er arbeitete später unter anderem als Bäcker, Fahrradkurier und taz-Autor. Am 6. Juli 2010 war der an Parkinson Leidende in Berlin gestorben.

Teufels Lebensgefährtin Helene Lollo reagierte erschüttert auf die Öffnung des Grabs und den Diebstahl der Urne. Sie könne sich überhaupt nicht erklären, wie jemand so etwas Schreckliches tun könne, so Lollo.

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17 Kommentare

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  • IN
    Ihr Name Frau K

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    Freiheit seiner Asche

  • H
    hristo

    Fritz Teufels Asche auf dem Friedhofsweg verstreut? Also ich finde, er hätte es verdient, dass seine Asche mindestens über dem Axel-Springer-Hochhaus ausgeschüttet würde. Dann könnte mensch immer mal wieder hinkommen und dort nach guter jüdischer Tradition zum Gedenken einen Stein "ablegen".

  • B
    Bärner

    Die Asche von Eichmann hat man auch verstreut, damit keine Wallfahrtstätte entsteht.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    "Die menschliche Dreistheit kennt keine obere Schranke"

    (Dreistheitstheorem).

  • RN
    Revoluzzer Nr.1

    Alles Spießbürger! Die Revolution muss weitergehen! ALLES, jeder "Wert", jede "Norm", jede "Tradition" muss kritisch hinterfragt werden! Warum muss eine Urne unter Androhung herrschaftsstaatlicher Gewalt in der Erde bleiben? Warum darf Asche nicht auf dem Boden verteilt werden (ist doch nur Asche!)? Warum kann man nicht Blumen in die Urne stellen oder Müsli in die Urne tun (ist doch sinnvoller!)?

     

    Die, die nicht verstanden haben, wofür Fritz gekämpft hat, zeigen jetzt ihre hässliche spießbürgerliche Fratze, die sich hinter einer Revoluzzer-Fassade verbirgt.

  • SM
    Staatsbürger M

    Und auch diese üble Missetat wird - entgegen aller Ver-BILD-ung - der WAHRHEITSFINDUNG dienen.

  • M
    Mephiske

    Man muss bereits den verBILDeten Hirntod erlitten haben, um als Zombie eine solche ASCHEN-tat begehen zu können. Die WAHRHEITSFINDUNG wird die DURCHGEKNALLTEN erneut heimsuchen, und wenn's fünf Jahre dauern sollte.

    Asche auf deren Häupter!

  • I
    InDämmrigenGrüftenTräumteIchSüß

    wie fritz teufel seine eigene grabschändung bewertet hätte, wage ich nicht zu beurteilen. für helene lollo und teufels angehörige muss das ein schwerer schock sein. sie müssen jetzt weiteren schmerz aushalten. das ist mehr als bedauerlich.

  • DI
    Dust in the Wind

    Wir Deutschen haben ein merkwürdiges Verhältnis zum Tod!

    So wie Teufel gelebt hat, hätte ihm das Verstreuen seiner Asche vielleicht sogar gefallen?

    Aber dann vielleicht an einem anderen Ort?

    Nicht jeder möchte auf einem Friedhof begraben werden!

    Wenn ein Mensch den Wunsch hat, dass seine Asche nach seinem Ableben an einem besonderen Orten verstreut wird, muss das immer noch heimlich geschehen, weil es hier in Deutschland immer noch verboten ist- leider!

    In Amerika kann man die Urne auch zuhause auf den Schrank stellen.

  • K
    Karlotto

    Der Fritze is auferstanden und reitet wieder durch die Strassen Berlins, als Teufel auf'm Fahrrad. Wehe, wehe, wer den Geist aus der Flasche läßt!

  • W
    WilderWusel

    Diese bodenlose Schweinerei zeigt doch mal wieder,wo unsere sogenannte Gesellschaft angekommen ist.Verwahrlost und ohne Respekt und Achtung.Schöne neue Welt!

  • F
    Franz

    Die Wahrheit ist, dass die Allgäuer Zeitung bereits Anfang Juli verdächtig gut informiert war und meldete:

     

    "Urnenstehlen auf Friedhof geplant

    Gemeinderat - Satzung entsprechend geändert"

     

    zitiert aus dem "Hohlspiegel" von SpOn, 14.07.2010,

    http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-57144.html (Bild 1 von 11)

  • GI
    General Iwolgin

    Wohlmöglich haben sie,ohne es zu wollen,seiner Sache

    einen Gefallen getan.Hätte er amüsiert darauf reagiert?

  • V
    vic

    Nicht einmal nach dem Tod hat der Hass ein Ende.

  • N
    Nosferatu

    Nur ein Wort: Pervers!

  • M
    Mr.Moore

    Grabschändung ist aus Sicht der meisten Menschen eine Abscheulichkeit. Allerdings hätte vermutlich auch der Spassguerillero Fritz Teufel selbst die Ironie zu würdigen gewusst, dass die Entwendung seiner Urne und das -unerlaubte- Verstreuen seiner Asche den Staats- und Verfassungsschutz auf den Plan rufen.

  • Z
    Zora

    man munkelt kai diekmann und eva hermann sollen in besagter nacht in der nähe des friedhofs gesichtet worden seien...