Gorbatschow warnt

■ Bei GUS-Zerfall „15 Monster anstelle eines einzigen“

München (ap) — Der pensionierte sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow hat vor einem Zerfall der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten gewarnt. Beim politischen Höhepunkt seines dreitägigen Besuchs in Bayern kritisierte er gestern in München den Kurs des russischen Präsidenten Boris Jelzin, sicherte ihm aber zugleich seine Unterstützung zu. Wenn Jelzin scheitere und die Reformen nicht durchgeführt werden könnten, „wäre dies ein schwerer Schlag für die Welt“, sagte Gorbatschow. Ohne eine Stabilisierung der GUS sei aber eine erfolgreiche Reformpolitik nicht möglich. Auf allen Stationen ihres Besuchs— ob Hofbräuhaus oder Neuschwanstein — wurden Gorbatschow und seine Frau frenetisch gefeiert. In einem spontanen Frage- und Antwortspiel nach seiner einstündigen Grundsatzrede in den Münchner Kammerspielen richtete der frühere Kremlchef an seinen ehemaligen Gegenspieler Jelzin die Mahnung, daß Rußland sich nicht von den übrigen GUS-Republiken abkapseln dürfe. Auch das Volk wünsche eine einheitliche Politik in der Union. „Geht die Union kaputt, dann gibt es eine unendliche Fülle von Problemen“, fügte er hinzu. „Anstelle eines Monsters gäbe es dann 15 Monster“, betonte der letzte Staatspräsident der UdSSR. Gorbatschow erneuerte zudem seinen Appell an den Westen, den Aufbau aller Republiken finanziell zu unterstützen.

Am Tag zuvor hatte das Ehepaar Gorbatschow per Hubschrauber ein dichtgedrängtes touristisches Programm durch Oberbayern absolviert. Überall, wo er auftauchte, wurde er begeistert als „Begründer der deutschen Einheit“ gefeiert.