: Gorbatschow in Bonn angekündigt
■ Nach Äußerungen des ehemaligen UdSSR–Botschafters in Bonn, Falin, scheint die Pause in der deutsch–sowjetischen Beziehung zu Ende zu gehen / Truppenabzug aus Afghanistan angedeutet
Bonn (ap) - Ein Besuch des sowjetischen Generalsekretärs Michail Gorbatschow in der Bundesrepublik scheint jetzt in greifbare Nähe zu rücken. Der ehemalige sowjetische Botschafter Valentin Falin, der jetzt die Agentur Nowosti leitet, sagte der Tageszeitung Die Welt, ein solcher Besuch könne bei der bevorstehenden Visite des stellvertretenden Ministerpräsidenten Alexej Antonow am 2.und 3. April in Bonn Gesprächsthema werden. Falin bekräftigte in dem Interview, daß gutnachbarschaftliche Beziehungen zur Bundesrepublik ein Grundanliegen der Sowjetunion seien. In Bonn wurden beide Äußerungen Falins als ein deutliches Signal verstanden, daß die Rede des Bundesaußenministers in Davos, in der Genscher den Westen aufgefordert hatte, die neue Politik der Sowjetunion ernstzunehmen, auch in Moskau registriert wurde und die „Pause“ in den deutsch–sowjetischen Beziehungen jetzt dem Ende entgegengeht. Sie hatte mit den Äußerungen des Bundeskanzlers gegenüber dem Nachrichtenmagazin Newsweek im Oktober begonnen. Ein Termin für einen Besuch Gorbatschows ist noch nicht abzusehen. Wie in diplomatischen Kreisen betont wurde, dürfte einem Staatsbesuch Gorbatschows ein Besuch von Außenminister Eduard Schewardnadse vorangehen, der vergangenen September am Rande der UNO–Vollversammlung unverbindlich für dieses Frühjahr verabredet worden war. Für Afghanistan stellte Falin den völligen Abzug der sowjetischen Streitkräfte in Aussicht. Die Sowjetunion wolle „das Problem Afghanistan lösen, und zwar so, daß keiner unserer Soldaten in diesem Lande bleibt“. Moskau wünsche, daß Afghanistan als ein „nichtgebundener, neutraler Staat“ weiterexistiere, ohne Einmischung von außen, „egal unter welchem Motto und welcher Fahne.“ Die Sowjetunion habe kein „strategisches, politisches Interesse“ an Afghanistan, das eine militärische Präsenz auf Dauer rechtfertigen würde.
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