Googles neues Feature: Such in deiner eigenen Welt
Google verbindet seine Suchmaschine mit Google+. Die Internetsuche wird individuell zugeschnitten. Ein klarer Vorteil gegenüber Facebook?
SAN FRANSISCO taz/dapd/afp | Um einen individuellen Zuschnitt für seine NutzerInnen zu erhalten, will Google Informationen seines Online-Netzwerks in die Suchmaschine einfließen lassen. "Search, plus your World" ermöglicht registrierten UserInnen der englischsprachigen Seite von Google seit Dienstag Suchergebnisse, die auf die eigenen Vorlieben und die von Freunden zugeschnitten sind. Wer es abschalten will, muss selbst aktiv werden und eine Änderung bei den persönlichen Einstellungen vornehmen oder es bei jeder einzelnen Suche wegklicken.
Mit dem neuen Feature erscheinen Kommentare und Fotos aus Google+ ebenfalls in den Suchergebnissen,wie jene aus den Online-Foto-Alben auf Picasa. Google kann nicht auf Fotos, Links und Kommentare aus Facebook und Twitter zugreifen. Dadurch ist es nicht möglich, die Präferenzen der Nutzer auf diesem Wege auszumachen. Durch die Umstellung mit Google+ erhofft sich das Unternehmen, für seine NutzerInnen attraktiver zu werden.
In einem Werbevideo des Unternehmens werden die Vorteile von Google+ aufgezeigt. Mit musikalischer Untermalung wird demonstriert, wie man seine persönliche Google-Suchseite basteln kann, die eingespeist ist mit privaten Informationen, wie zum Beispiel Fotos oder Videos. Aktiviert wird diese Funktion durch das Drücken eines "show personal results"-Buttons rechts oben auf dem Bildschirm. Dieses könnte für unerfahrene NutzerInnen anfangs irritierend sein, da der Eindruck enstehen könnte, die Informationen seien öffentlich zugänglich.
Vor allem Facebook- und Twitter-Nutzer sollen durch die Erneuerung von Google+ angelockt werden und sich dort registrieren. Mit der personalisierten Suche erhofft sich das Unternehmen Vorteile gegenüber anderen, ähnlich funktionierenden Online-Netzwerken. Google+ strebt eine Abgrenzung von anderen Netzwerken seit seinem Start mit mit verschiedenen Features an, etwa Sparks.
Das ist ein Dienst, der innerhalb von Google+ ähnlich wie die Google-Suchseite Informationen aus dem Netz zur Verfügung stellt. Dabei stellt man sich individuell seine Sparks zusammen und wird beispielsweise über seine Lieblingsband oder veganes Kochen regelmäßig informiert. Die gefundenen Artikel können dann mit weiteren Kontakten geteilt werden.
Der +1-Button funktioniert ähnlich wie der Like-Button von Facebook. Der +1-BUtton taucht auf den Google-Suchseiten auf und kann dort angewendet werden.
Wer hat die Informationshoheit?
Darüber hinaus ist Google+ aus User-Sicht sehr übersichtlich. Von vornherein werden "Freunde", "Familie", "Bekannte" und "Nur folgen" in verschiedene "Circles" (Kreise) sortiert. Die User können jeweils darüber entscheiden, welche Informationen sie mit welchen Circles teilen. Außerdem sind die Circles - anders als bei Facebook - nicht nur auf Google+ Kontakte beschränkt, so dass auch Nicht-Google+-Nutzer in Circles eingeordnet werden können. Diese werden dann über eine E-Mail benachrichtigt.
Und nun also noch die personalisierte Suche. "Es gibt heute eine riesige Menge an Inhalt im Internet, aber ab einem gewissen Punkt ist dieser Inhalt namen- und gesichtslos", sagte der Google-Verantwortliche Ben Gomes der Nachrichtenagentur afp. Mit dem neuen System der "Search, plus your World" werde nun die "persönliche Welt" in die Recherche einbezogen, da der wichtigste Inhalt im Netz "von Menschen stammt, die wir kennen", sagte Gomes.
Eine neue eingeführte Technologie von Google soll alle Suchergebnisse verschlüsseln und so verhindern, dass Informationen – etwa aus der personalisierten Suche – an Dritte gelangen. Aber was ist mit Google selbst, das die Informationen der Nutzer verarbeitet?
Nach Suchmaschine und Google Mails, Docs und Kalender ist Google+ eine weitere Möglichkeit für das Unternehmen Informationen seiner NutzerInnen zu erhalten. Besitzt eine Person bei Google etwa einen Email-Account, nutzt Google Docs und ist auch bei Google+ Mitglied, ist das eine erschreckend große Menge an Informationen, die Google von seinen Kunden einsehen kann.
Konkurrent Twitter kritisierte das neue Suchsystem direkt nach der Einführung. Es könne passieren, dass bei Suchanfragen über Google die Ergebnisse von Twitter "deutlich schwerer zu finden sind", obwohl Infos meist zuerst dort auftauchten, erklärte der Internetdienst. Durch die Einblendung von Bildern und Kommentaren aus Google+ rutschen Twitter-Meldungen, die bei der normalen Suche mit eingeblendet werden, immer weiter nach unten.
Ob Google+ Facebook vom Thron stoßen kann, entscheiden letztlich die NutzerInnen. Das Anmeldung auf Google+ ist nach wie vor eine Herausfoderung. Es werden Wartelisten geführt, auf die man allerdings derzeit online nicht zurückgreifen kann. Die einfachere Option ist es, von anderen Usern eingeladen zu werden.
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