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Google und Co setzen auf neues FunknetzLetzte Chance für Wimax

US-Konzerne wollen mehr als 14 Milliarden Dollar in den Ausbau der WLAN- und UMTS-Alternative Wimax stecken. Eine halbe Milliarde kommt vom Suchmaschinenbetreiber Google.

Technologie mit Startproblemen: Wimax-Empfangshinweis bei US-Elektronikmesse Bild: ap

BERLIN taz Umbruch in der US-Internet-Landschaft: Der drittgrößte Mobilfunkanbieter Sprint und der Drahtlos-Anbieter Clearwire wollen bis 2011 insgesamt 14,5 Milliarden Dollar in die Hand nehmen, um ein schnelles Wimax-Netzwerk aufzubauen, das die wichtigsten amerikanischen Regionen umfassen soll. Wimax, eine Alternative zu bekannten Drahtlos-Technologien wie WLAN oder UMTS, ermöglicht eine flächendeckende Versorgung großer Gebiete mit mobilem Internet.

3,2 Milliarden der Investitionssumme kommen von Intel, den US-TV-Kabelriesen Comcast und Time Warner Cable sowie vom Internet-Konzern Google. Letzterer sichert sich für insgesamt 500 Millionen Dollar eine Platzierung als "offizielle Suchmaschine" des geplanten Angebotes, auch andere Google-Services sollen den Kunden angetragen werden. Gleichzeitig soll der Internet-Konzern künftig stärker auf Mobiltelefonen von Sprint vorkommen - etwa mit mobilen Suchverfahren.

Experten zufolge ist die Neuaufstellung von Clearwire die letzte Chance für Wimax im US-Markt. Die vor allem vom Chipkonzern Intel vorangetriebene Technologie litt bislang unter allerlei Kinderkrankheiten. So dauerte es lange, bis allgemeingültige Standards feststanden, noch heute kommt es zu Inkompatibilitäten zwischen Geräten. Hinzu kam die Frage, ob es wirklich eine ausreichende Nachfrage für die Technologie gibt. Auch Sprint und Clearwire standen bereits kurz vor dem Ende ihrer Kooperation - ohne die Geldspritze von Google, Intel und den Kabelgiganten wäre die Neuaufstellung geplatzt.

Auch in Deutschland kam Wimax bislang nur schleppend in die Gänge - das Interesse der großen Marktteilnehmer ist mau. Telekommunikationsgiganten wie die Deutsche Telekom oder Mobilfunkriesen wie Vodafone hielten sich bei der Auktion für die wichtigen bundesweiten Lizenzen, die im Winter 2006 stattfand, vornehm zurück, selbst das ursprüngliche Mindestgebot wurde nicht erreicht. Die Technologie rechne sich nicht, war damals von Insidern aus den Konzernen zu hören, man wolle lieber auf bestehende UMTS- und WLAN-Netze setzen. Stattdessen griffen kleinere Anbieter zu: Die Deutsche Breitbanddienste GmbH (DBD), die zuvor unter anderem in Berlin und Heidelberg Pilotprojekte gestartet hatte, kam zum Zuge, außerdem das Konsortium Inquam und besagter US-Anbieter Clearwire.

Vermarktet wird derzeit nur das DBD-Angebot "DSLonAir", das in den nächsten vier bis fünf Jahren schrittweise ausgebaut werden soll und inzwischen unter anderem in Teilen der sächsischen Metropolen Leipzig und Dresden, in Magdeburg, Wuppertal und Dessau verfügbar sein soll. DBD nutzt dabei nicht nur Wimax, sondern auch ein Netz aus WLAN-Basisstationen, will dreisteillige Millionenbeträge in die Hand nehmen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Regionen gelegt, in denen es eine geringe oder nur lückenhafte DSL-Versorgung gibt. Die Lizenznehmer haben laut Bundesnetzagentur bis nächstes Jahr Zeit, mindestens 15 Prozent der Orte in ihrem erworbenen Gebiet zu versorgen, 2011 sollen es dann 25 Prozent sein. Noch ist unklar, wie stark Clearwire, der frisch gestärkte amerikanische Riese, hier zu Lande aktiv wird. Auch von Inquam ist noch wenig zu hören.

Die Wimax-Technologie stößt auch deshalb auf eher verhaltenes Interesse, weil die derzeitigen Leistungsparameter eher bescheiden sind. Die angebotenen Bandbreiten liegen je nach verwendeter Technologie zwischen einem und drei Megabit pro Sekunde, sollen dank neuer Systeme in den nächsten Jahren aber deutlich zulegen - auch Clearwire und Sprint planen dies, machen über Bandbreiten ihres Großprojektes aber noch keine Angeboten. Das Problem: UMTS erreicht inzwischen dank zusätzlich aufgeschalteter Übertragungsverfahren wie HSDPA zwischen 3,6 und 7,2 Megabit pro Sekunde. Auch schmelzen die Regionen, denen es gänzlich an DSL-Versorgung fehlt, deutlich zusammen. Um eine allgegenwärtige Breitbandabdeckung zu realisieren - von der Parkbank bis zur Wohnung - müssen die Wimax-Anbieter viel Geld für Basisstationen in die Hand nehmen. In den USA will Sprint das nun tun. Sollte das Projekt scheitern, dürfte dies das Ende von Wimax bedeuten. Alternativverfahren, etwa die UMTS-Weiterentwicklung LTE, die Datenraten im zweistelligen Megabit-Bereich versprechen, stehen längst bereit. Und auch die preisgünstigen, kommerziellen WLAN-Netze werden in den Städten immer dichter.

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