Google hebt Klarnamenpflicht auf: Bei G+ geht's jetzt auch anonym
Lange hat es gedauert, nun ist es geschafft: Google gibt den Forderungen seiner Nutzer nach und erlaubt in seinem Netzwerk G+ künftig Pseudonyme.
BERLIN taz | Google will die Klarnamenpflicht bei G+ aufheben, wie der zuständige Manager Vic Gundotra beim "Web 2.0 Summit" in San Francisco ankündigte. "Wir planen, in Zukunft auch Pseudonyme zu unterstützen", sagte Gundotra.
Bisher hatten Nutzer sich mit deren vollen Namen anmelden müssen, selbst Accounts bekannter Netzpseudonyme hatte der Konzern löschen lassen. "Wir wollten ein Produkt schaffen, bei dem man Menschen entdeckt, die man kennt - und die heißen dann zum Beispiel Lisa Adams, aber nicht etwa "Captain Crunch", erklärte Gundotra.
Die Entscheidung kommt spät: die Klarnamenpflicht sorgte seit Einführung des Dienstes für viel Missmut. Bisher hatte sich Google in dieser Frage immer hinter den eigenen AGBs verschanzt: Wer die nicht befolgen wolle, solle sich eben woanders umschauen.
Doch in Deutschland gab es daraufhin Protest: Christian Heller alias plomlompom beklagte in einem vielbeachteten Text die "Gutsherrenart", "mit der Google bestimmt, wie wir uns hier nennen dürfen oder nicht". Es gehe dabei nicht darum, anonym bleiben zu dürfen, sondern vielmehr um Selbstbestimmung im digitalen Lebensraum.
Anpassungen erzwingen
Der Protest sei nötig, schrieb er, weil Google ein "Infrastruktur-Riese im Netz" sei und damit "nahezu unumgänglich". Außerdem könne man zu Beginn eines neuen Dienstes durch Verhaltensdruck eventuell ein paar Anpassungen erzwingen. Schriebs und benannte sein Profil in sein Netzpseudonym um. G+ löschte ihn daraufhin kommentarlos.
Nichtsdestotrotz ebbten die Diskussionen in Deutschland nicht ab. Der Internet-Unternehmer Christoph Kappes stieß einen offenen Brief an Google an, in dem er den Konzern aufforderte, auch Pseudonyme zuzulassen. Unter den Unterzeichnern waren auch 29 Politiker und prominente Netzaktivisten.
Mitinitiator war Enno Park alias Die Ennomane, dessen Profil wegen des gleichen Verstoßes zwei Mal gelöscht wurde. Er selbst lege keinen großen Wert auf sein Pseudonym, sagt er, aber er halte Anonymität "für ein Online-Menschenrecht". Und das nicht nur zum Schutz der Privatsphäre - beispielsweise für Verfolgte in Diktaturen -, "sondern auch, weil die Hoheit über die eigene Identität Sache des Einzelnen sein muss".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!