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Google erfasste Wlan samt Mail-FragmentenExperimentelles Ausspionieren

Google erfasste mit seinen Street View-Autos nicht nur Wlan-Netze, sondern auch Fragmente von Mails und Surfdaten. Hamburgs Justizsenator Steffen will nun Google "an die Leine legen".

Google sagt Sorry: In den vergangenen Jahren hat der Konzern mit seinen Street-View-Autos Daten aus Wlan-Netzen gesammelt. Bild: dpa

BERLIN apn/afp | Die Erfassung von E-Mails und Surf-Daten aus Wlan-Netzen durch Google sorgt weltweit für Empörung. Kamera-Fahrzeuge für das Projekt Google Street View haben über Jahre hinweg auch Datenfragmente aus öffentlichen oder ungeschützten WLAN-Netzen gesammelt.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sagte, der Vorgang sei "alarmierend und ein weiterer Beleg dafür, dass Datenschutz für Google noch immer ein Fremdwort ist". Der Hamburger Justizsenator Till Steffen forderte ein Gesetz, "um den Konzern an die Leine zu legen".

Der Vorfall ist dem Suchmaschinenkonzern sichtlich peinlich. Google entschuldigte sich inzwischen auch dafür, dass in den vergangenen vier Jahren weltweit persönliche Daten aus öffentlichen WLAN-Netzen gesammelt wurden. Auf das Problem sei man erst durch Hinweise des deutschen Verbraucherschutzministeriums aufmerksam geworden. "Uns ist klar, dass wir schwer versagt haben", erklärte einer der Cheftechniker von Google, Alan Eustace.

Die Erfassung der Daten sei unabsichtlich erfolgt. Es werde alles getan, damit sich so etwas nicht wiederhole. "Die Aufrechterhaltung des Vertrauens der Menschen ist grundlegend für alles, was wir machen", erklärte Eustace im Firmen-Blog. "In diesem Fall haben wir das nicht geschafft."

Hintergrund ist, dass Google in den vergangenen Jahren mit seinen Fahrzeugen für den Dienst Street View, die offiziell nur Fotos für Straßenpanoramen machen sollen, auch Fragmente von E-Mails und Surf-Daten wie Webadressen erfasste, wenn die Kommunikation über öffentliche oder ungesicherte WLAN-Netze erfolgte.

Was Google nach eigenen Angaben nicht wusste, war, dass zudem noch eine experimentelle Software eingesetzt wurde, die die über die offenen WLAN-Netze gesendeten Daten sammelte, wenn das Google-Fahrzeug gerade in Reichweite war. Es seien aber immer nur kleinste Fragmente gewesen, da die Erfassungsgeräte fünf Mal in der Sekunde den Kanal wechselten, hieß es.

Den zuständigen Politikern reichen die Erklärungen und die Entschuldigung nicht. "Das inakzeptable Verhalten zeigt einmal sehr, dass wir uns auf eine freiwillige Selbstverpflichtung für Google Street View nicht verlassen können", erklärte Steffen. Und Aigner kündigte an: "Wir werden diesen Fall nicht auf sich beruhen lassen."

Das Verbraucherschutzministerium forderte, Google müsse offenlegen, welche Informationen gespeichert wurden und "wie die unzulässig erfassten Daten ungeschützter Funknetze gelöscht werden". Der Fall mache deutlich, wie wichtig die Verschlüsselung privater Funknetze sei.

Das Ministerium wies auch darauf hin, dass Bürger Widerspruch gegen die Abbildung ihrer Wohnung beziehungsweise ihres Hauses im Internet bei Street View einlegen können. Formulare gibt es auf der Website des Ministeriums.

Die Street-View-Fahrzeuge wurden vorerst gestoppt worden. Sie waren neben Deutschland unter anderem in den USA, in Australien, Südafrika, Mexiko und etlichen europäischen Staaten unterwegs.

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14 Kommentare

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  • S
    sonntax

    "WLAN-Netze" --> ... Network-Netze ???

     

    "Die Street-View-Fahrzeuge wurden vorerst gestoppt worden."

     

    Qualitätsjournalismus!

  • ID
    I DenkSchlächter

    Die USA könnten leicht auf den CIA und Konsorten verzichten: Google langt. Die wissen einfach mehr und werden durch die „user“ stets auf aktuellem Stand gehalten. Vollständiger und billiger geht’s nicht. Dazu gibt’s keine Diplomatischen Verwicklungen.

    Einfach genial!

    Die Datenerfassung? Müssen wir verstehen. Wie schnell ist mal ein Irrtum passiert! Entschuldigung, das wollte ich nicht, liebe Leute ( ihr Blöden! ). Eure Daten… na ja, gut daß ich sie habe… wirklich ein Versehen…. und die Erde war schon immer eine Scheibe!!!

    Vielleicht hat ja auch „unsere Calamity Angie“ Interesse und kauft den Laden, statt Verfassungsschutz, MAD und so ….

    Ansonsten 16.05.2010 14:31 Uhr: von Wilhelm:

    … Oder fühlt sich ernsthaft jemand bedroht wenn einmal in ein paar Jahren Google für 0,2s mein offenes WLan mitschneidet? Offen heißt doch daß jeder reinschauen soll. Wo ist das Problem?... schreibt er.

    Prima Realsatire, oder doch etwas zu kurz gekommen???

  • T
    tsaimath

    an "anonymus":

    Was macht W-Lan Daten interessant?

    Die "echten" Daten sind eigentlich in diesem Fall vollkommen zweitranig, jedenfalls wenn ich die "Puzzlestücke" die man immer wieder findet zusammen baut.

    Das wirklich interessante für Google (und einige andere) dürfte das wissen darüber sein wo sich welches W-Lan Netz befindet. Mit den Ortsdaten kann man mit sehr einfachen Mitteln (einem Funkempfänger, ein bischen Rechenleistung und einem Bildschirm) ein Navigations- und Ortungssystem erstellen. Und zwar (ausreichend viele W-Lan Netze vorausgesetzt) ein sehr genaues das es durchaus mit GPS oder Glonass aufnehmen kann... Nur halt ohne selbst Sateliten in die Umlaufbahn ballern zu müssen oder vom "Goodwill" des Pentagon abhängig zu sein.

    Wenn man jetzt noch in jedes Auto einen leistungsschwachen Funksender (lediglich ein "Pingen" keine Fahrzeugspezifische Signatur) kann man einen Auto-Autopiloten erstellen der das Auto selbst fährt.

     

    Alles dank W-Lan Daten (wobei man für den Autopiloten eine gewisse Redundanz bräuchte, nicht das 5 Leute ihr W-Lan ausschalten und plötzlich gibts Unfälle)

  • W
    wott

    Der Hamburgische Justizsenator Steffen sollte vielleicht auch mal seinen eigenen Laden bzw. die dortige StA soweit bringen, sich wenigstens selbst an die Gesetze halten statt nur andere zu verfolgen.

  • A
    Anonymus

    Also ich finde es eine Frecheheit von Google W-Lan Daten zu scannen. Und ja ich sehe ein Problem darin, das offene W-Lan Netzwerke mitgeschnitten wurden, da dies für eine dreidimensionale Erfassung von Straßen und Gebäuden nicht notwendig ist Wozu also das Ganze? Was bitte, macht meine W-Lan Daten für Google und das Projekt Streetview so wichtig das diese gespeichert werden müssen?

  • ID
    I DenkSchlächter

    Die USA könnten leicht auf den CIA und Konsorten verzichten: Google langt. Die wissen einfach mehr und werden durch die „user“ stets auf aktuellem Stand gehalten. Vollständiger und billiger geht’s nicht. Dazu gibt’s keine Diplomatischen Verwicklungen.

    Einfach genial!

    Die Datenerfassung? Müssen wir verstehen. Wie schnell ist mal ein Irrtum passiert! Entschuldigung, das wollte ich nicht, liebe Leute ( ihr Blöden! ). Eure Daten… na ja, gut daß ich sie habe… wirklich ein Versehen…. und die Erde war schon immer eine Scheibe!!!

    Vielleicht hat ja auch „unsere Calamity Angie“ Interesse und kauft den Laden, statt Verfassungsschutz, MAD und so ….

    Ansonsten 16.05.2010 14:31 Uhr: von Wilhelm:

    … Oder fühlt sich ernsthaft jemand bedroht wenn einmal in ein paar Jahren Google für 0,2s mein offenes WLan mitschneidet? Offen heißt doch daß jeder reinschauen soll. Wo ist das Problem?... schreibt er.

    Prima Realsatire, oder doch etwas zu kurz gekommen???

  • HS
    Herrn Schmilz

    @ Wilhelm

     

    Das extrem Störende an deren Sammelwut ist, dass google und andere Datenfischer nicht offen sagen, was sie kurz-, mittel- und langfristig mit der gefrässigen Rundumbevorratung zu tun gedenken.

     

    Natürlich kann sich der Einzelne immer noch einigermassen frei auch darüber informiern, denn noch findet kaum wirklich harte Zensur jenseits der gezielten Medienbeinflussung durch Werbeetats und damit gekaufte PR-Texte im redaktionellen Teil statt.

     

    Genauso wie auch Wilhelm sich selbst über Gifte im Spielzeug und falsche Geldverwendung informieren kann, können sich Internetnutzer über W-Lan-Gefahren und Hausbesitzer über unerwünschte Nebeneffekte von "Streetview" schlaumachen und dann dagegen vorgehen.

     

    Ohne die Politik und ihre legislative Kraft allerdings bleibt Monopolkapitalist google am Ende Sieger durch die normative Kraft der Fakten die es gerade eben selber schafft.

     

    Das ist das Problem. (Ausser sie sind bei der F.D.P, dann ist es natürlich eine Chance ...)

  • G
    glas

    Na hoffentlich haben die bei meiner Funktastatur nicht auch noch die Kennworteingabe mitgeschnitten. Reicht ja, wenn das schon der Nachbar kann.

  • N
    Nigredo

    @Wilhelm: Ich gehe mit ihnen einigermaßen d'accord: Es gibt Wichtigeres - aber immerhin tut die Aigner überhaupt mal was, dafür sollten wir wohl auch schon dankbar sein...

     

    Dass ausgerechnet die ebenso netz- wie weltfremde Bundesregierung etwas herausgefunden hat, was google selbst nicht gewusst hat, ist eine These, die nichteinmal dem verbohrtesten Merkel-fan einleichten dürfte.

    Natürlich wusste google Bescheid; was google nicht wusste, war einzig und allein, dass es auch jemand anderem auffallen würde.

    Es zu versuchen ist kapitalistische Marktlogik.

  • K
    kotelette

    Google hat es vielleicht aus versehen getan, aber wenn Wlan-Netze nunmal nicht verschlüsselt sind... selber schuld.

     

    Ist ja nicht so, das WPA und AES andere Konsorten nicht schon lange verfügbar sind.

     

    Google, facebook, ... gegen wen gehts als nächstes, Fr. Aigner?

  • S
    Stefan

    Noch einmal zum Thema Einpruch:

     

    Sehr geehrte Damen und

    Herren,

     

    hiermit möchte ich gegen meine mögliche Abbildung außerhalb meines Wohnraums (s.u.) Einspruch einlegen. Dies gilt auch für meine zwei Fahrräder und mein Auto, soweit diese nicht in der Nähe meiner

    Wohnung (s.u.) abgestellt sind.

     

    Als Ihr Aufnahmewagen unser Haus ablichtete, putzte

    ich gerade unser Küchenfenster. Ich bitte ausdrücklich darum, mein Gesicht nicht zu entfremden ("verpixeln"), da ich mit Ihrer Hilfe den Nachweis erbringen kann, dass ich meine Fenster putze (oder zumindest einmal geputzt habe). Diese Erkenntnis würde eine nette Mitbewohnerin im Hause sicher

    sehr zu schätzen wissen.

     

    Meine Anschrift kann jeder Mitmensch im Telefonbuch

    ersehen. Somit ist das kein Geheimnis. Meine Hortensien im Fensterbrett stehen dort, damit sich möglichst viele Leute daran erfreuen mögen.

    Dass ich zwei Fahrräder und ein Auto besitze ist auch kein Geheimnis - diese können also auch in der Nähe meiner Wohnung abgebildet werden.

     

    Meine Kontakte außerhalb meines Wohnbereiches

    erachte ich jedoch als Privatsache. Da ich nicht wissen kann, wann und wo Ihre Aufnahmewagen mich oder meine Fahrzeuge aufgenommen haben könnten und ich dem zufolge auch nicht sagen kann, ob mir das im konkreten Fall Recht wäre, möchte ich generell Einspruch gegen die Abbildung meiner Person außerhalb

    meiner Wohnung und meiner benannten Fahrzeuge außerhalb meines Wohngebietes einlegen.

     

    Gerne sende ich Ihnen Fotos meiner Person und meiner

    Fahrzeuge zu. Bitte nennen sie mir Ihre technischen Voraussetzungen für die Verarbeitung meiner Bilddateinen.

     

    Mit freundlichen Grüßen aus ...

     

    Stefan...

  • T
    tsaimath

    Äh, momeeeent, nur mal für mich zum mitschreiben:

    Vor nicht allzulanger Zeit wurde von einem Gericht beschlossen das Besitzer von W-Lan Netzen verwantwortlich sind ihre Netze zu schützen

     

    Jetzt wird Google vorgeworfen das sie ungeschützte W-Lan Netze "gescannt" und daraus Daten empfangen haben?

     

    Anscheinen muss Google mehr Geld spenden, bei der Content Mafia klappts ja...

     

    Und was die Datenspeicherung angeht: Wer über ungeschützte W-Lan Netze surft der ist selbst schuld da "ungeschützt" ja schon aussagt das man keinen SCHUTZ benutzt. Das ist so als würde man(n) Sex ohne Kondom (oder sonstige Verhütung) haben und sich danach beschweren wenn das Folgen (Schwangerschaft, Aids, whatever) hat.

     

    Lieber sollten die sog. Verbraucherschützer den Menschen beibringen sich selbst zu schützen sonst fällt irgendeiner Organisation (ob es jetzt Al-Quaida, die Russenmafia oder sonstwer ist) auf das man ja auch Nachrichten über ungeschützte Netze verschicken kann oder Kreditkarten-Daten abfangen kann

  • JS
    Jan Schill

    bei allem nötigen respekt:

    wäre der korrekte(re) titel nicht "hamburg drÄngt auf gesetzesänderung"?

  • W
    Wilhelm

    Oh man, Varbraucherschutzministerin müßte man sein: den ganzen Tag mit Google herumdallern.

     

    Die soll sich mal lieber um Gifte im Essen, Spielzeug und Kosmetik kümmern. Oder die Verbraucher effektiv aufklären auf welche Weise aus Ihrem Geld Produkte hergestellt werden.

     

    Oder fühlt sich ernsthaft jemand bedroht wenn einmal in ein paar Jahren Google für 0,2s mein offenes WLan mitschneidet? Offen heißt doch daß jeder reinschauen soll. Wo ist das Problem?