"Google Phone": Angriff auf Microsofts Windows Mobile
Google steigt ins Mobilfunkgeschäft ein. Der Konzern bastelt an einem eigenen Betriebssystem für Handys - finanziert durch Reklame. Wird es vielleicht sogar ein "GPhone" geben?
BERLIN taz Seit Monaten schon geistern Gerüchte durch die Netz, dass der Suchmaschinenmarktführer Google ein eigenes Handy plane - ähnlich wie dies Apple mit seinem iPhone erfolgreich vorgemacht hatte. Das wahlweise "Google Phone" oder auch "GPhone" genannte Projekt wird von dem Unternehmen derzeit weder bestätigt noch dementiert - doch inzwischen wurden erste Details bekannt. Wie die New York Times am Wochenende meldete, scheinen die Vorbereitungen bereits weit gediehen zu sein. Demnach plant Google nicht etwa den Verkauf eigener Geräte, sondern das Angebot eines Betriebssystems, das interessierte Handy-Hersteller dann auf ihre Geräte aufspielen und vermarkten sollen.
Dem Bericht zufolge arbeitet bereits seit mehr als zwei Jahren ein großes Team von Ingenieuren bei Google an dem Plan. Ziel sei eine Ausdehnung der Dominanz des Konzerns vom Desktop-Internet auf mobile Geräte - ein Sektor, dem seit Jahren stetig neue Wachstumsrekorde vorausgesagt werden. Allerdings stellen sie sich bislanf nur schleppend ein. Laut NYT sollen dazu neben den Geräteanbietern auch die Netzbetreiber überzeugt werden, dass Googles Ansatz der Richtige ist - eventuell durch die Möglichkeit, an eingeblendeter Werbung mitzuverdienen.
Die Grundlage des "Google Phone"-Betriebssystems soll die Open-Source-Umgebung Linux sein. Darauf aufgesetzt würden dann einzelne Google-Anwendungen laufen. Erste Prototypen sollen bereits in den Labors der Suchmaschine arbeiten. Der Konzern würde damit vor allem einem Unternehmen Konkurrenz machen: dem Erzrivalen Microsoft. Der Softwareriese verkauft mit "Windows Mobile" ein eigenes Betriebssystem für PDAs und Handys, das die Hersteller gegen Bezahlung in ihre Geräte einbauen können. Apple scheint sich mit seinem iPhone hingegen weniger Sorgen über das "Google Phone" machen zu müssen - das Unternehmen kontrolliert sowohl Hard- als auch Software und integriert bereits heute Google-Anwendungen wie das Kartenprogramm "Maps". (Google und Apple stehen sich zudem nahe - so sitzt Google-Chef Eric Schmidt Teil in Apples Aufsichtsrat.)
Ein Manager, der Kontakte zu Google hat, erklärte, die Grundstrategie des "Google Phone" sei es, Microsoft das Geschäft mit Windows Mobile unwirtschaftlich zu machen - mit Hilfe der Open-Source-Welt. Ebenfalls denkbar ist ein Angriff auf die dominierenden Handynetzbetreiber. Im Gegensatz zum Internet-Markt wird der Mobilfunk-Markt weltweit nur von vergleichsweise wenigen Carriern pro Land dominiert, die die Preise für den mobilen Online-Zugang noch verhältnismäßig hochhalten. Google wolle die Netzbetreiber nun "zerlegen", sagte ein Marktteilnehmer.
Dafür spricht auch, dass die Suchmaschine sich vehement für die freie Nutzung eines Mobilfunkspektrums in den USA einsetzt, das im nächsten Jahr versteigert werden soll. Allerdings dürfte die Vermarktung eines "Google Phone"-Betriebssystems dann nur schwer möglich sein - noch kontrollieren die Netzbetreiber das Handy-Geschäft und könnten starken Druck auf die Gerätehersteller ausüben. Arun Sarin, Chef der mächtigen Vodafone-Gruppe, sieht denn auch "keinen Bedarf" für ein "Google Phone". Man könne Google bereits jetzt über mehrere Geräte erreichen, sagte er vor Journalisten.
Der Internet-Konzern selbst will derweil nur bestätigen, dass man stark in den Handy- und Handy-Plattform-Anwendungsmarkt investiere - genauere Pläne werden nicht preisgegeben. Es ist vor allem eine Investition in die Zukunft: Je mehr Zeit die Nutzer mit mobilen Internet-Geräten verbringen, desto interessanter wird für Google auch die Werbevermarktung auf ihnen. Noch ist allerdings unklar, ob die Nutzerschaft diese neuen Reklameformate überhaupt annimmt. Der Internet-Zugang beschleunigt sich unterwegs erst langsam, so dass Werbung als deutlich störender als auf dem heimischen PC empfunden werden dürfte.
Google hat allerdings viel Erfahrung damit, Online-Reklame geschickt so zu gestalten, dass sie die Nutzerschaft nicht nervt: Jahrelang vermarktete man nur zu den jeweiligen Suchergebnissen passende Textanzeigen, bot erst schrittweise auch "buntere" Werbeformen an. Dementsprechend ist der Konzern auch im Mobilbereich gut positioniert - vorausgesetzt natürlich, dass das "Google Phone"-Betriebssystem genügend interessante Funktionen enthält.
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