: Gonzales fordert: Null–Lösung jetzt!
■ Skepsis trotz zweier neuer Abrüstungsinitiativen / Europäer weiter uneinig / Gonzales: „Große Chance nicht vergeben“
Bonn/Paris/Washington (afp) - Um zwei neue Initiativen ist in der letzten Woche die Ost–West– Abrüstungsdiskussion erweitert worden, doch dürften beide - die Vorschläge Polens und der USA - mittelfristig kaum Chancen auf eine Verwirklichung haben. Nicht zuletzt die Uneinigkeit im westlichen Bündnis, das sich trotz einer Vielzahl von Sondierungsgesprächen bislang nicht auf eine gemeinsame Haltung hinsichtlich des Abbaus von Mittelstreckenraketen (INF) zu einigen vermochte, scheinen den Abrüstungsprozeß derzeit zu bremsen. In dieser Woche finden weitere Treffen auf höchster Ebene statt, von denen man sich im Westen neue Impulse erhofft. Warschau und Washington präsentierten ihre neuen Abrüstungsinitiativen am Freitag. Doch gaben die prompten Reaktionen darauf wenig Anlaß zu Hoffnung. Moskau lehnte den US– Plan einer Halbierung der jeweiligen strategischen Arsenale ebenso ab wie die Nato den Vorschlag Polens verwarf, in neun mittel– und nordeuropäischen Staaten schrittweise die nuklearen und konventionellen Waffen zu reduzieren. Den Beginn einer neuen westlichen Einigungsrunde machen am Montag die Gespräche Bundeskanzler Kohls mit dem französischen Präsidenten Mitterrand in Berlin, wo letzterer den 750–Jahr– Feierlichkeiten beiwohnen wird. Zum selben Zeitpunkt erörtert Bundesaußenminister Hans–Dietrich Genscher abrüstungspolitische Fragen mit der Reagan–Administration in Washington. In Europa wird den in dieser Woche stattfindenden Moskauer Gesprächen des französischen Premierministers Chirac große Bedeutung beigemessen, da man erwartet, daß der Kreml seine Super–Null–Vorschläge präzisiert. Für eine unverzügliche Annahme des Vertragsentwurfs über die Abschaffung der in Europa stationierten Mittelstreckenraketen hat sich der spanische Ministerpräsident Felipe Gonzalez ausgesprochen. Erstmals liege jetzt die Verantwortung bei einer wichtigen Entscheidung über eine vertraglich festgelegte Null–Lösung bei den Westeuropäern, erklärte Gonzales in einem Gespräch für die Samstagsausgabe der US–Tageszeitung Washington Post. Dies sei eine „große Chance, die die westliche Welt nicht vergeben“ dürfe. Den Kritikern einer Null–Lösung warf Gonzales vor, eine „Verzögerungsstrategie“ zu verfolgen, um Zweifel zu schüren und die Einigung zum Scheitern zu bringen. Zugleich wies Gonzales die Sorge Frankreichs, Großbritanniens und der Bundesrepublik zurück, eine Null–Lösung könne das Engagement der USA für die Verteidigung Europas schwächen.
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