piwik no script img

Gollwitz

■ betr.: „Manfred Stolpe nimmt Gollwitz in Schutz“, taz vom 2.10. 97

[...] Eine Studie aus dem Jahre 1980, von der damaligen sozialliberalen Koalition in Bonn in Auftrag gegeben, verdeutlicht, daß „insgesamt 13 Prozent der Wahlbevölkerung ein ideologisch geschlossen rechtsextremistisches Weltbild haben, dessen Hauptstützen ein nationalsozialistisches Geschichtsbild, Haß auf Fremdengruppen, Demokratie und Pluralismus sowie eine übersteigerte Verehrung von Volk, Vaterland und Familie sind“. Gerade dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, der durch seine populistischen Äußerungen im „Fall Gollwitz“ der ganzen Angelegenheit einen schlechten Dienst erwiesen hat, sollten diese wissenschaftlichen Untersuchungen zu denken geben. Denn an der Einstellung vieler Deutscher hat sich zwischen 1980 und 1997 leider nichts geändert, ob man nun den ehemaligen Ost- oder Westteil betrachtet.

Eine Forsa-Umfrage zur Jahreswende 1995/96 belegt es klar und deutlich: Danach sind 60 Prozent der Ansicht, daß die Deutschen gegenüber den Juden keine Schuld mehr abzutragen haben. Und entsprechend verhalten sie sich auch: Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit werden wieder offen artikuliert! Die Gefahr, die Ignatz Bubis ausdrückte, daß es nach Gollwitz eine „Kettenreaktion“ in anderen Städten und Gemeinden geben könnte, ist in Anbetracht dieser gesellschaftlichen Situation leider nicht von der Hand zu weisen. Damit sich solche Ereignisse nicht wiederholen, sind gerade jetzt verantwortungsbewußte Politiker mit Augenmaß und Weitblick gefordert, denn mit Sonntagsreden und der ewigen Bagatellisierung derartiger Vorfälle wird das Problem nicht zu lösen sein! Thomas Henschke, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen