: Golfkrieg würde zum Umweltkollaps führen
■ Giftige Gase auch ohne Einsatz von Chemiewaffen
Amman (adn) — Es bedarf nicht einer Chemiebombe, um im Kriegsfall am Golf eine Umweltkatastrophe heraufzubeschwören. Schon beim Einsatz konventioneller Waffen würden in Kuwait riesige Ölbrände auflodern und eine lebensvernichtende Gaswolke zur Folge haben. Im jordanischen „Higher Council on Science and Technology“ ist das Inferno am Computer durchgespielt worden. Das von Dr. Abdallah Tuqan geleitete Forscherteam geht in seiner am Wochenende in der Zeitschrift 'The Star‘ veröffentlichten Studie davon aus, daß innerhalb eines Monats eine Milliarde Barrel kuwaitisches Erdöl verbrennen, wenn gekämpft wird und die an den Quellen gelegten irakischen Minen explodieren. Das apokalyptische Feuer würde über dem Emirat den Sauerstoff in den niedrigeren Schichten der Atmosphäre aufbrauchen und eine extreme Hitzewelle verursachen, die die Bewohner kaum überleben könnten. Das „schwarze Gold“ würde unter einem enormen Druck aus vier Fünfteln der Bohrlöcher nach oben schießen und so dem Feuer immer neue Nahrung geben. Experten berichten aus eigener Erfahrung, daß man sich schon bei einem „normalen“ Ölbrand der Flammenwand nur bis auf 300 Meter — mit nassen Tüchern um den Kopf geschlungen — nähern kann. Wenn der Wind, wie üblich im Januar, aus nördlicher Richtung weht, würde eine Wolke aus Gasen und Ruß von den Förderzentren des Scheichtums auf die kuwaitische Hauptstadt und die dichtbesiedelte Zentralregion getrieben. Sie hätte eine solche Dimension, daß die weltweite jährliche Kohlendioxid-Emission um 5,42 Prozent zunehmen würde, die von Kohlenmonoxid um 4,06 Prozent, Schwefeldioxid um 1,56 und Stickoxiden um 7,78 Prozent.
Der Atomphysiker Tuqan bezeichnet diese Prognose noch als „zurückhaltend“. Die Realität könnte viel schlimmer sein. Die Modellgröße von einer Milliarde Barrel (1 Barrel = 159 Liter) wäre schon dann erreicht, wenn nur 400 der 743 kuwaitischen Bohrlöcher, die in dem knapp 18.000 Quadratkilometer großen Land auf engstem Raum konzentriert sind, 30 Tage lang brennen würden. Die Ölfelder des Iraks und Saudi-Arabiens wurden in der Rechnung nicht berücksichtigt, und die Löschung der Brände in Kuwait nach nur einem Monat wäre sogar noch „der Idealfall“. Es könnte nach Aussagen von Spezialisten aber auch drei oder sechs Monate dauern. Außerdem ist ungewiß, ob es für Löschmannschaften überhaupt möglich wäre, sofort in das Kampfgebiet zu gelangen. Schließlich hat der Irak angedroht, einen „Verteidigungsgraben“ mit Öl zu füllen und anzuzünden.
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