: Gold gegen Telefax
■ Überseemuseum zog Zwischenbilanz
Der vornehme weiße Warte-Baldachin vorm Überseemuseum eigens für's Kremlgold angeschafft - hat sich bewährt. Wie erträumt stehen unter ihm geduldige Besuchsschlangen an. Zwei Stunden Gänsemarsch bis hoch durchs Treppenhaus nehmen manche BesucherInnen fürs Gold in Kauf. 17 Tage lang bleibt es noch in Bremen, ab 3. 8. ist es sogar ohne Aufpreis bis 22 Uhr abends offen.
Die BesucherInnen werden im Haus begierig mitgezählt. 100.000 waren anfangs erhofft worden, am Mittwoch hatten sich schon 130.000 durch's Haus gedrängelt, und bis zum 13. August werden nun kühn 180.000 GesamtbesucherInnen prognostiziert. Dieser Andrang für durchschnittlich acht Mark, so zwischenbilanzierte Staatsrat Andreas Fuchs gestern vor der Presse, „rechtfertigt das Unterfangen“.
Das „Unterfangen“ hatte darin bestanden, Wirtschaftsförderungs-Geld in Höhe von 3,1 Millionen Mark für die Ausstellung auszugeben. Wenn die Eintrittsgelder mit dieser Summe gegengerechnet werden, soll eine „Nettobelastung“ für das Land Bremen von „unter 2 Millionen“ übrigbleiben.
Als „wirtschaftsfördernd“ betrachten die OrganisatorInnen vor allem die 2.000 „exklusiven“ abendlichen Gäste. Nach US -amerikanischem Vorbild konnten
Firmen, Verbände und „Privatmänner“ ab 20 Uhr für mindestens 1.500 Mark eine „Exklusivführung“ buchen und für einen Aufpreis auch an einem „Exklusivbuffet“, mit Blick auf das Zarengold, Häppchen verspeisen. Derartig verlockt, kamen Firmen-Führungsriegen nach Bremen gejettet, die, so hofft nun der Wirtschaftssenator, Bremen als Standort schätzen gelernt haben.
Die sowjetische Seite will als Gegenwert für das Zarengold kein Bargeld, sondern Kompensationsware sehen. Auf den Anforderungslisten aus Moskau stehen dabei so prosaische Dinge wie Kaffeemaschinen, Telefaxgeräte und Museumsvitrinen.
Für das Bremer Museum, das im ganzen Jahr nur 5.000 Mark für Sonderausstellungen zur Verfügung hat, werden auch nach dem Abbau des Goldes Werte zurückbleiben. Zwar wird der schöne weiße Baldachin wieder entfernt, aber dafür bleiben Investitionen von über 200.000 Mark im Haus: darunter ein Taubenschutz und ein neuer Teppichboden.
Die Bremer OrganisatorInnen bangen jedoch, seit in Moskau dringend Devisen für Lebensmittel benötigt werden, daß ihre Moskauer LeihgeberInnen die Exponate nach dem 13. August absprachewidrig an eine andere Weltstadt verleihen. Dann wäre es aus mit der Einmaligkeit des Bremer Zaren-Goldes.
B.D.
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