Göttingen wird abgehängt: Weniger ICE-Halte in Göttingen
Schnellzüge sollen vorübergehend nicht in der Universitätsstadt halten, weil die Bahn Engpässe bei Fahrzeugen hat.
GÖTTINGEN taz | Weil zu wenig einsatzbereite Züge zur Verfügung stehen, will die Deutsche Bahn „vorübergehend“ zwei ICE-Stopps in Göttingen streichen. Politiker aller Couleur aus der Universitätsstadt und der Fahrgastverband Pro Bahn sind empört.
Betroffen ist nach Angaben der Bahn das ICE-Zugpaar 773 (Hamburg–Stuttgart) und 774 (Stuttgart–Hamburg). Diese Züge halten – zumindest laut Fahrplan – bislang um 8.43 Uhr und um 19.17 in Göttingen. Ab dem 13. April würden bei den beiden Verbindungen statt der ICE-Triebzüge nur noch lokbespannte IC-Züge eingesetzt, die deutlich langsamer fahren, teilte der Konzern schriftlich mit. Um die verminderte Geschwindigkeit auszugleichen, sollen die beiden Halte in Göttingen wegfallen.
Begründet wird die Maßnahme offiziell mit der „unzureichenden Verfügbarkeit der ICE-Flotte“. Die Entscheidung werde wieder rückgängig gemacht, sobald sich die ICE-Fahrzeugsituation entspannt habe und statt der IC wieder ICE eingesetzt werden könnten. Wann das sein wird, teilte die Bahn allerdings nicht mit. Hintergrund sind Verzögerungen bei der Lieferung und Zulassung von Zügen der neuen ICE-Generation. Sie werden jetzt zwar vom Hersteller geliefert, aber noch nicht im normalen Bahnbetrieb eingesetzt.
Im Übrigen bedeute die Entscheidung nicht, dass das Unternehmen den „Systemhalt“ Göttingen einschränken wolle, so die Bahn. Göttingen bleibe mit ICE- und IC-Zügen sehr gut angebunden, zu den ausfallenden Verbindungen gebe es innerhalb von 15 bis 20 Minuten Alternativen. Dieser Hinweis ist nicht abwegig: Abgesehen von den sogenannten „Sprintern“ fahren alle Fernzüge auf der Nord-Süd-Verbindung den Göttinger Bahnhof an. Reisende können tagsüber etwa zweimal in der Stunde mit dem ICE nach Hannover oder Hamburg brausen.
Gleichwohl bringt die Ankündigung der Bahn Göttingens Oberbürgermeister Wolfgang Meyer (SPD) in Rage. Die Reduzierung der ICE-Verbindungen sei nicht akzeptabel. Er könne nicht nachvollziehen, dass im Hochtechnologieland Deutschland seit einem Jahr fertiggestellte ICE-Züge nicht in Betrieb genommen werden könnten, weil die Zulassung fehle, schrieb er in einem Brief an die Göttinger Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordneten. Sie sollten sich dafür einsetzen, dass „die Kürzung frühstmöglich zurückgenommen wird“. Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin und Landesumweltminister Stefan Wenzel (beide Grüne) haben nach eigenen Angaben inzwischen bei der Bahn protestiert.
Derweil äußerte sich Pro Bahn skeptisch, dass sich die Engpässe bei der ICE-Flotte kurzfristig beheben lassen. „Der Glaube, dass sich die Fahrzeugknappheit in absehbarer Zeit entspannt, wird durch nachvollziehbare Fakten nicht gedeckt“, sagt der Bundesvize des Verbandes, Gerd Aschoff. Die Auslieferung der lediglich 16 Züge des Typs Velaro D stocke bereits seit über zwei Jahren. Außerdem seien diese Züge für den Verkehr nach Paris und Brüssel bestimmt und entlasteten damit die Göttinger Verbindungen nicht. „Wann die ganz neue Zug-Generation ICx auf dem Gleis steht, steht völlig in den Sternen.“
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