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Glücksatlas 2011Zufrieden wie schon lange nicht mehr

Die Deutschen sind glücklich. Das besagt eine Studie. Was besonders freut: Die Ostdeutschen haben fast das gleiche Glücksniveau wie Westdeutsche.

Juhu - das Leben kann schön sein! Bild: suze / photocase.com

BERLIN taz | Die Finanzkrise hat die Lebenszufriedenheit nur wenig getrübt. Das geht aus dem "Glücksatlas 2011" hervor, den ein Autorenteam im Auftrag der Deutschen Post erstellt hat. "Die Deutschen sind heute so zufrieden wie in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr", sagt Bernd Raffelhüschen, Studienleiter und Professor an der Universität Freiburg. Überraschend: Die Ostdeutschen haben die Westdeutschen im Glücksniveau fast eingeholt.

Mit einem Lebenszufriedenheitswert von 7,0 auf einer Skala von 0 bis 10 sind die Menschen hierzulande heute so glücklich wie zuletzt 2001. Die Hamburger sind mit 7,38 Punkten die glücklichsten Deutschen, gefolgt Niedersachsen (Nordteil) und Südbayern. Schlusslichter bilden Brandenburger und Thüringer mit 6,56 und 6,45 Punkten.

Am Wohlstand allein lässt Glück sich nicht messen. "Der Wohlstandsindikator reicht nicht", so Raffelhüschen: "Die Einkommen sind in den vergangenen Jahren explodiert, das Glück nicht." Ohne Geld gehe es freilich auch nicht. Bei über 5.000 Euro Nettoeinkommen im Monat trete aber ein Gewöhnungseffekt auf.

Der größte Glücksbringer ist die Gesundheit. Geselligkeit und Mentalität sind weitere wichtige Faktoren, die darüber entscheiden, wie glücklich sich jemand fühlt. Wer Freunde hat und viel unternimmt, dem geht es besser. Ebenso trägt die Einstellung entscheidend dazu bei, in welcher Laune man das Leben bestreitet: Diejenigen, die das Glas halb voll sehen, sind zufriedener als diejenigen, bei den es halb leer ist.

Wichtig: Arbeitszufriedenheit

Der "Glücksatlas 2011" basiert auf den Daten des sozio-ökonomischen Panels (SOEP) und einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach. Für das SOEP werden jährlich 11.000 Haushalte befragt.

Und noch eine Größe bestimmt das Glücksempfinden: die Arbeitszufriedenheit. Hier zählt vor allem, ob jemand Arbeit hat oder nicht. Arbeitslose und ArbeitnehmerInnen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, sind deutlich unzufriedener. Dieses Phänomen, so die Autoren, erkläre, warum die Finanzkrise die gute Stimmung hierzulande nicht sonderlich trüben konnte.

Trotz des tiefen Wirtschaftseinbruchs haben Politik und Unternehmen alles dafür getan, um Arbeitsplätze zu erhalten. Deswegen mussten die Bürger kaum um ihre Jobs bangen.

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5 Kommentare

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  • K
    Kneissl

    Mein Gott, Raffelhöschen!!!

    Dass Geld allein nicht glücklich macht weiß auch Lieschen Müller, und dies ganz ohne professorale Würden und aufwändig betriebener Statisikklauberei.

    Dass ich mich auch recht schnell an ein Nettoeinkommen von mehr als 5000.-- Euro pro Monat gewöhnen könnte glaube ich auch gerne. Allerdings sind die Druckwellen der angeblichen Gehaltsexplosion bei mir und allen meinen Freunden und Bekannten nicht einmal als laues Lüftchen angekommen. Wo hat's denn da so geknallt? Bei uns im südlichen Bayern ganz bestimmt nicht.

    Aber das braucht's bei uns ja nicht, weil wir ja nun Dank "Glücksatlas 2011" ohnehin als deutlich überdurchschnittlich glücklich diagnostiziert und verortet worden sind.

    Merkwürdigerweise sind da allerdings bayerische Ärzte und Krankenkassen ganz anderer Meinung: Folgt man den offiziellen Krankenkassenstatistiken, dann liegt in den südbayerischen Regierungsbezirken Niederbayern, Oberpfalz und Mittelfranken eine auf Bayernniveau überdurchschnittlich hohe Rate an Depressions-Erkrankungen vor - im Gegensatz zum (ebenfalls südlichen) München und Münchner Raum (Münchner Speckgürtel), wo das Gegenteil davon beobachtet wird.

    Der gravierende Unterschied zwischen München und den genannten südbayerischen Regionen liegt wohl darin begründet, dass man sich in München vergleichsweise leicht tut einen Job zu finden.

    In den eher ländlich strukturierten Regionen der Peripherie dagegen hat man dagegen schon ganz erhebliche Probleme überhaupt Arbeit zu finden, von der deutlich niedrigeren Entlohnung ganz zu schweigen. Depression hat offbar durchaus etwas mit dem Druck (Pression) schlechter sozioökonmischer Grundlagen zu tun. Die Arbeitslosenstatistiken sprechen für sich!

    Aber nun zum Kern der Sache: Raffelhüschen & Co sprechen von einem "Lebenszufriedenheitswert" und verwenden dafür synonym auch den Begriff "Glück". Einmal abgesehen von dem himmelschreienden Versuch (Herr schmeiß Hirn vom Himmel!!!)individuelle Emotionsszustände (Glück) mittels einer O-10 Skala messen zu wollen, tut er also so als wäre Zufriedenheit gleich Glück.

    Arbeitet man sich aber ein wenig in psychologische und neurobiologische Fachliteratur ein, so kommt man recht schnell dahinter, dass unser Professorchen hier nicht nur mächtig daneben liegt - der Ärmste scheint gar nicht zu wissen was Glück ist, oder er will uns wider besseres Wissen (politisches Kalkül?) veralbern?

    Während unter Zufriedenheit ein Zustand von mittel- oder langfristig in sich ruhender Ausgeglichenheit zu verstehen ist, stellen Glückszustände eher eine positive Störung dieses Zustandes dar, im Sinne eines eher "spontanen" und nur relativ kurzen Ausschlages einer Kurve nach oben, ausgelöst durch positives Erleben und den damit verbundenen Endorphinausschüttungen des Gehirnes und deren euphorisierenden Wirkung.

    Glück kann also (im Gegensatz zu Unglück/Depression) kein langfristig andauernder Zustand sein, auch wenn Lieschen Müller dies in ihrer jungen Verliebtheit nicht glauben und ein Prof. Raffelhüschen davon möglicherweise nichts wissen will. Oder ist er etwa auch verliebt?

    Glück kann auch nicht einfach als Abwesenheit von Unglück definiert werden, denn dann landen wir halt auch nur im Mittelmaß der Zufriedenheit, was ja schon mal ganz nett ist. Zufriedeneit und Glück miteinander zu vergleichen kommt aber auf den Apfel/Birnen-Vergleich heraus: Alles ist Obst. Von einem Wissenschaftler sollte man eigentlich mehr zu erwarten haben.

    Aber nehmen wir einfach mal an unser Professorchen ist ebenso verknallt wie unser Lieschen und mithin in einem Zustand einer harmlosen Einschränkung seiner Urteilsfähigkeit. Dann kriegt er wenigstens "milderne Umstände" für den Quatsch, den er da publiziert hat.

    Aber, bei aller Liebe: Der Spaß hört sich endgültig auf wenn er auch noch anfängt vom "Neidfaktor" zu faseln.

    Damit umschreibt er die gestiegene Unzufriedenheit bei weniger Begüteten angesichts der immer weiter auseinander klaffenden Einkommensscheere zwischen Arm und Reich.

    Von "Neid" zu reden, wenn die Kritik an Steuer hinterziehenden Tagedieben und Milliarden verjuxenden Bankstern hochkommt, anstatt bei eben jenen den ganz offen zu Tage liegenden GIERFAKTOR zu erkennen. Also da braucht es schon eine gehörige Portion an neoliberaler Ignoranz, Dreistigkeit und Unverschämtheit!

    Und dafür setzt's halt heut' mal ein paar gehörige süddeutsche Verbal-Watsch'n. - Host Mi !?!

  • L
    Lucky

    Soso! Jetzt wissen wir also was einen Raffelhüschen antreibt: Geld raffeln allein genügt nicht. Man muss den Schmarren, den man dabei produziert, halt auch veröffentlichen können. Sein Glück, dass ihm die taz dabei behilflich ist!

    Aber mal im Ernst: Was ist daran überraschend?

  • M
    Macht-Geld-Glück

    "Am Wohlstand allein lässt Glück sich nicht messen. "Der Wohlstandsindikator reicht nicht", so Raffelhüschen: "Die Einkommen sind in den vergangenen Jahren explodiert, das Glück nicht." Ohne Geld gehe es freilich auch nicht. "

     

    Prof.Bernd Raffelhüschen ? Ist dies nicht zufällig "der Privatversicherungslobbist", der ständig mit der Demografiekeule unser Sozialsystem zerstören möchte?

     

    Nun setzt er die Nachricht ab, dass unsere Einkommen explodiert seien, aber Einkommen nichts mit Glücksempfinden zu tuen habe.

     

    Nun heißt nicht jeder Ackermann, tatsächlich ist das Durchschnittseinkommen gesunken, da können wir nun alle sehr glücklich sein, da Geld ja nicht alles ist.

     

    dies ist Medienverdummung in Reinform !

  • T
    Thomas

    Hm. Als ich diese Meldung gestern in den Nachrichten hörte bzw. gesehen habe, fühlte ich mich in die DDR 1989, kurz vor den "Republikgeburtstagsfeierlichkeiten" zurückversetzt. Ringsherum knirschte und krachte es auch für den letzten Ignoranten unübersehbar im Staatsgebilde. In den Medien aber: Überall glückliche und fröhliche Menschen. Alle waren rundum zufrieden mit ihrem Land (und der Partei).

    Welch ein Glück!!!

    Tja, und nun dieser Beitrag in der taz. Danke, dass Ihr mit dazu beitragt, uns kollektiv das Hirn zu vernebeln, indem Ihr diesen Propagandamist mitverbreitet. Ringsherum brennen sinnbildlich die Hütten - aber: Wir sind glücklich!!!

  • HR
    Herr Raffelshüschen

    Liebe Frau Kunstmann,

     

    vielen Dank für die Verbreitung unserer Propaganda. Es ist in Zeiten wie diesen enorm wichtig zu suggerieren, dass es den meisten Menschen im bestehenden System gut geht. Denn dann gelten die wenigen, die nicht mehr zufrieden mit den Lebensumständen sind, als Außenseiter, die selbst an ihrer Gefühlslage Schuld sind. Mit Blick auf Griechenland, Spanien ua. Staaten müßen wir alles tun, fundamentale Kritik am bestehenden System und eine breite Solidarität der einfachen Bevölkerung zu vermeiden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    INSM Mietmaul

    Raffelshüschen