Gleichstellung in Deutschland: 2017 kommt die Quote
Was kann man für mehr Chefinnen und gegen die "Narben" im Lebenslauf der Frauen tun? Die FachministerInnen der Länder sind da noch sehr unterschiedlicher Meinung.
Sie zieht die Kinder groß, er macht einen Papa-Monat. Sie jobbt stundenweise und pflegt die Eltern, er macht Karriere - immer noch verlaufen Frauenleben anders als Männerleben, millionenfach. Wann und warum Männer und Frauen sich für den einen oder anderen Weg entscheiden, steht in einem neuen Gutachten über die "Gleichstellung im Lebensverlauf". Wie sich Geschlechterfallen politisch knacken lassen, diskutierten die Frauen- und GleichstellungsministerInnen der Bundesländer auf einer Konferenz in Plön.
Es gelte, auch angesichts des Fachkräftemangels, allen Frauen eine eigenständige Existenz zu ermöglichen, sagte Schleswig-Holsteins Fachminister Emil Schmalfuß (parteilos) als Vorsitzender der Konferenz. Darüber war sich die Runde der 16 noch einig - schwierig wurde es bei den Details. Frauenquote ja oder nein? Das Ehegattensplitting überdenken? Minijobs abschaffen, wie das Gutachten fordert?
"Wir alle teilen die Analyse, aber es gibt unterschiedliche Vorstellungen, welches Handwerkszeug das richtige ist", sagte die bayerische Ministerin Christine Haderthauer (CSU). Um etwa die "Narbeneffekte" durch Kindererziehung und Altenpflege zu lindern, gebe es zwei Wege: "Die Familienphasen so kurz wie möglich gestalten oder sie so aufwerten, dass sie keine Einbußen mehr für die Rente bedeuten." Haderthauer forderte eine andere Einstellung der Gesellschaft: In Skandinavien gilt als "Minderleister", wer zu lange im Büro sitzt und die Familie vernachlässigt.
Der Brandenburger Günter Baaske, Sprecher der SPD-geführten Länder, forderte konkrete Beschlüsse: "Die Minijobs haben dafür gesorgt, dass Festangestellte verdrängt werden. Und dank Steuersplitting können die Männer dicke Backen machen, weil sie scheinbar besser verdienen." Politik und Gesellschaft dürften "nicht über den Fachkräftemangel rumjammern, während fünf Million gut ausgebildete Frauen zu Hause sitzen".
Bund soll neue Formen der Tagespflege einführen
Hermann Kues (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, nannte bereits erledigte Punkte, etwa die Möglichkeit, sich für Pflege bezahlt frei zu nehmen - falls der Arbeitgeber mitspielt -, oder den Gleichstellungsbericht, der in dieser Woche im Kabinett vorgestellt wurde. "Schritt für Schritt" würden nun Punkte umgesetzt. Der Bund müsse noch einiges tun, auch die Länder können einen Beitrag leisten, etwa mehr Ausbildungsplätze in der Pflege schaffen. Den Ball spielte die Konferenz zurück: Sie verlangt vom Bund, neue Formen der Tagespflege einzuführen, um Angehörige zu entlasten.
Schwer tat sich die Runde bei der Frage nach Minijobs. Die Länder erwarteten vom Bund "Vorschläge, wie Minijobs dort, wo sie reguläre Beschäftigung verhindern, beseitigt werden können", hieß es in der Erklärung.
Umstritten war die Frage der Frauenquote in den Führungsetagen von Unternehmen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will eine feste, vorgegebene Quote zügig einführen, Familienministerin Kristina Schröder (beide CDU) möchte dagegen den Firmen die Höhe der Quote selbst überlassen. Ihr Vertreter Kues sagte in Plön, eine gesetzliche Regelung müsse sehr differenziert sein. Als erster Schritt sei von den DAX-Unternehmen Transparenz gefordert. Das reiche nicht, so Baaske.
Margret Seemann (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin in Mecklenburg-Vorpommern, warnte: "Wenn wir das nicht regeln, gibt es irgendwann eine EU-Vorgabe." Haderthauer schloss sich der Familienministerin an: Feste Quote ja, aber jedes Unternehmen legt sie selbst fest. Gestern bekannte sich die Länder-Runde zu einer "angemessenen Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen" und sprach sich mehrheitlich für eine gesetzliche Regelung aus, die bis 2017 wirksam werden müsse. Bis dahin haben die Unternehmen Zeit, freiwillige Lösungen zu finden.
Den meisten Frauen dürfte die Frage nach Vorstandsposten egal sein. Denn immer noch, so beklagt das Gutachten, wählen viele Mädchen "typisch weibliche" Ausbildungen und Studienfächer - und damit Berufe mit geringen Aufstiegschancen.
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