Girls day: Der erste Schritt zum Chefin-Sein
Am Girls day können Mädchen in Männerberufe reinschnuppern. 9000 Unternehmen machten mit. In Berlin erklärte ein türkisch-deutscher Verband Wege in die Selbstständigkeit.
BERLIN taz| Dilara möchte gerne Chefin ihres eigenen Kosmetikstudios werden. Daher besuchte die 14-Jährige am Donnerstag die Veranstaltung des Girls Day in der Berliner Türkisch-Deutschen Unternehmensvereinigung (TDU). "Mich hat das Thema ,Selbst Chefin werden?!' sofort interessiert", so die Schülerin der 8. Klasse.
Zum 9. Mal fand gestern deutschlandweit der Girls Day statt. Rund 9.000 Veranstalter luden Schülerinnen ab der 5. Klasse in ihre Unternehmen ein, um sie über verschiedene Tätigkeiten zu informieren. Im Vordergrund standen technische und naturwissenschaftliche Berufe, in denen sonst eher die Männer dominieren.
Auch in Führungspositionen sind Frauen prozentual deutlich geringer vertreten. Daher widmete sich der Verein TDU in diesem Jahr bereits zum dritten Mal den Karrierechancen von Frauen sowie beruflicher Selbstständigkeit. Überrascht waren die Mädchen, als nicht eine Frau - wie angekündigt - , sondern ein Mann vor die Teilnehmerinnen trat. Hüsnü Özkanli, Vorsitzender des Aufsichtrats, sagte lachend: "Frauen oder Männer - wir machen da keinen Unterschied." Er räumte aber ein, dass eine Frau eher ein Vorbild hätte sein können.
Der 16-jährigen Emily gefiel es dennoch: "Herr Özkanli ist selbst Vorsitzender des Vereins und kann daher viel über seine Führungsposition erzählen." Eine Blitzumfrage unter den 25 Teilnehmerinnen ergab, dass sich tatsächlich viele der Schülerinnen später selbstständig machen möchten. Ihre Berufswünsche lauten Friseurin, Bankkauffrau, Kinderärztin und Journalistin - Tätigkeiten, die als "typisch weiblich" gelten.
Dieses Ergebnis überraschte Özkanli nicht: "Auch in der deutschen Gesellschaft wählen junge Frauen immer noch aus einer kleinen Zahl von Ausbildunsgberufen aus, die als frauentypisch gelten." Der TDU-Vorsitzende unterstützte den Girls Day gerne: "Mädchen müssen sich allgemein mehr anstrengen als Jungen, um beruflich aufzusteigen - für türkische Mädchen in Deutschland ist es besonders schwer." Seiner Meinung nach kämpfen junge Mädchen mit Migrationshintergrund verstärkt mit Barrieren wie Sprachkenntnissen, Familienverhältnissen und Kleidungsweisen. "Ein Kopftuch kann für viele Tätigkeiten ein Hindernis darstellen", sagte Özkanli. "Diese Mädchen haben Schwierigkeiten, Kfz-Mechanikerinnen oder Chirurginnen zu werden. Kopftücher sind in Operationssälen nicht erlaubt."
In der Pause sagte die 15-jährige Ayse, sie möchte gern Medizin studieren und Ärztin werden. Ihre Eltern sind türkisch, das Mädchen trägt ein Kopftuch. "Wie ich später im Beruf mit diesem Problem umgehen werde, weiß ich noch nicht", so die Schülerin.
Insgesamt standen deutschlandweit rund 127.000 Plätze für Mädchen zu Verfügung, die ihre Stärken in Technik, Naturwissenschaft, Informationstechnologie und Handwerk erproben wollten.
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