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Gipfel in BrüsselStaaten wollen den Euro retten

Die Euro-Zone will klammen Mitgliedern helfen, indem sie ihnen Anleihen abkauft und den Krisenfonds ausweitet. Ob das die Finanzmärkte beruhigt, bleibt unklar.

Pressekonferenz nach der Nachtsitzung mit EU-Kommissions-Präsident Jose Manuel Barroso (li) Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Die Euro-Krise ist beendet - jedenfalls, wenn es nach Angela Merkel und den übrigen 16 Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone geht. Völlig überraschend einigten sie sich am Wochenende auf ein "Gesamtpaket", das die durch Rekordschulden und Attacken von Spekulanten gebeutelte Währungsunion stabilisieren und die Finanzmärkte beruhigen soll.

Der Krisenfonds für angeschlagene Staaten wie Griechenland und Irland wird auf bis zu 500 Milliarden Euro aufgestockt, der umstrittene Kauf von Anleihen aus Krisenstaaten erlaubt.

Gegen beides war die schwarz-gelbe Koalition in Berlin wochenlang Sturm gelaufen. Warum Kanzlerin Merkel in Brüssel so schnell einwilligte und nicht - wie vorher angekündigt - bis zum nächsten EU-Gipfel Ende März weiterpokerte, konnte sie am Ende selbst nicht recht begründen. Man habe nun eine "Grundschneise" geschlagen und könne "sehr zufrieden sein", sagte sie.

Offenbar war der Druck der Märkte zu groß geworden, nachdem die US-Ratingagentur Moodys vergangene Woche die Kreditwürdigkeit Griechenlands und Spaniens herabgestuft hatte. Kurz vor dem Sondergipfel am Freitag wurden zudem wieder Gerüchte laut, Portugal müsse sich bald unter den Euro-Rettungsschirm flüchten. Die Regierung in Lissabon legte prompt ein neues Sparprogramm vor. Die "weitreichenden Vorschläge" aus Portugal hätten schließlich die Einigung auf das Euro-Paket erleichtert, betonte Merkel.

Allerdings ist unklar, wie viel Deutschland zum bestehenden Rettungsfonds EFSF beisteuern muss. Laut Experten könnte Berlin für bis zu 200 Milliarden Euro bürgen müssen - bisher waren es 123 Milliarden. Beim künftigen Dauerfonds ESM könnte es sogar noch mehr werden.

Offen ist auch, ob Irland genau wie Griechenland günstigere Konditionen für bereits gewährte EU-Hilfe bekommt. Merkel hatte niedrigeren Zinsen und längeren Laufzeiten für die Griechen erst zugestimmt, nachdem die Regierung in Athen zugesichert hatte, Betriebe im Wert von 50 Milliarden Euro zu privatisieren. In Irland möchte Merkel nun offenbar erreichen, dass die im EU-Vergleich niedrigen Unternehmensteuern steigen.

Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold zeigte sich enttäuscht. Der Euro-Pakt blende ökologische und soziale Aspekte aus. Besonders scharfe Kritik äußert Giegold an den neuen Auflagen für Griechenland: "Die von der Bild-Zeitung publizierten Vorschläge zur Privatisierung von Inseln zur Aufbesserung der Staatskasse haben damit traurigen Eingang in die Europapolitik gefunden."

Ungewiss ist, ob die neuen Regeln die Krise beenden. Die Finanzmärkte haben zwei Wochen Zeit, sich eine Meinung zu bilden und Krisenländer wie Portugal und Spanien zu testen. Denn der endgültige EU-Beschluss ist erst für den 24. und 25. März geplant. In der vergangenen Woche waren die von Investoren verlangten Risikoaufschläge auf ein neues Rekordniveau gestiegen.

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7 Kommentare

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  • P
    parteidervernunft-de

    ES REICHT! Weg mit dem Euro, raus as der EU!

    Leute, ihr müsst aktiv werden. Geht auf die Strasse, klärt auf, organisiert euch. Hört auf die Systemparteien zu wählen, es gibt neue Alternativen.

    .

    http://www.nein-zur-transferunion-fuer-stabiles-geld.de/

    .

    Rettungsschirm Demo vor dem Kanzleramt am 9.4.2011. Bringt eure beschriftete Regenschirme!

  • P
    Peter

    Bis der Euro endgültig zusammen gebrochen ist, werden wir noch richtig ausgeplündert.

     

    Für Hartz4 Empfänger wurde sich um 5 Euro gestritten, vom Mindestlohn sind wir noch meilenweit entfernt, aber hunderte von Milliarden auf Nimmerwiedersehen in dieses undemokratische Konstrukt EU zu pumpen, kein Problem?

     

    Die ursprüngliche Idee der EU war durchaus sinnvoll und gut. Was daraus geworden ist, ist eine Katastrophe! In Brüssel, wie auch sonst überall wo viel Geld auf einem Haufen zusammenkommt, zieht es die Kriminellen an, wie ein Scheißhaufen die Fliegen.

  • TS
    Thomas Sch.

    Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit Ihren besten Freunden in der Kneipe. Einige verdienen mehr Geld als andere, gemeinsam ist Ihnen jedoch, daß Sie gerne einen heben. Nun haben sich der eine oder andere aber dermaßen verhoben, daß sie sich mal rechts mal links am Tisch untereinander Geld borgen, was zu wechselseitigen Abhängigkeiten führt. Nun sind die Schulden aber dermaßen groß geworden, daß die Gefahr besteht, daß der Wirt seinen Nachschub echt einstellt. Nun macht die Kneipenrunde einen Rettungsschirm auf. Alle sollen in den Rettungschirm einzahlen, um die Zeche löhnen zu können. Nun haben einige aber fast gar nichts mehr, um einzahlen zu können. Sie müssen sich also sogar Geld bei ihren Tischnachbarn ausleihen, um es einzahlen zu können, was die Abhängigkeiten untereinander natürlich noch erhöht. Mit diesem dann gesammelten Geld sollen die, die, die größten Schulden haben, später rausgehauen werden. Ist es nicht der blanke Wahnsinn ? Wir leihen uns bei uns selbst Geld (EZB kauft Staatstitel) um unsere Schulden zu bezahlen. Nun kommt die Preisfrage: Wenn Sie der Gastwirt sind, wie lange werden Sie die noch bedienen ?

  • HS
    Horst Schwabe

    Der Euro ist langfristig nicht zu retten. Griechenland und Irland sind nur die Spitze des Eisbergs; Portugal, Italien und Spanien werden folgen. Und dann bricht der Euro mitsamt der EU wie ein Kartenhaus zusammen.

  • S
    Sondermann

    Mich würde mal interessieren, wieviele von den griechischen Staatsschulden wirklich Auslandsschulden sind. Ist der inländische Schuldenanteil hinreichend hoch, und sind davon beträchtliche Schuldenanteile bei Finanzinstituten, so bestünde für die griechische Regierung die Möglichkeit, diese Finanzinstituze zu verstaatlichen. In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung würden sich dann Forderungen und Schulden für diesen Anteil auf Null saldieren.

  • F
    FAXENDICKE

    An den Finanzmärkten wuchs der Druck und die Euro-Staatschefs reagierten. Knapp ein Jahr nach seiner Gründung wurde der Rettungsfonds gestärkt. Davon profitiert besonders Griechenland.

    NICHT GRIECHENLAND UND INSBESONDERE SEINE BÜRGER PROFITIEREN DAVON!

    Versicherer, Banken und multinationale Konzerne profitieren einmal wieder. Weil die gekauften Polithanseln weltweit den Mumm nicht haben die Finanzmärkte im Sinne der breiten Mehrheit zu regulieren.

    Geld regiert die Welt und wer regiert das Geld?

     

    www.monetative.de

  • J
    jesse

    Na, ist doch mal ne gute Nachricht :)