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Gift: Die Ex und hopp–Schiffe

■ Bei der Verbrennung von Giften auf der Nordsee ist die Bundesrepublik Spitzenreiter / 1985 gingen 100.000 Tonnen durch den Schornstein in das „Puffersystem“ Nordsee

Berlin (taz) - Ein Verbot der Gift–Verbrennung auf See wollen die Umweltschützer von Greenpeace bis 1990 durchsetzen. Unter diesem Vorzeichen laufen derzeitig ihre spektakulären Aktionen gegen die Müllverbrennungsschiffe in der Nordsee. Nachdem die See–Verbrennung lange Zeit als unverzichtbar galt, will Bonn jetzt bis 1995 aussteigen. Seit Ende der 60er Jahre wird Giftmüll auf See verbrannt, allerdings nur solche Stoffe, für die an Land keine anderen Entsorgungsmöglichkeiten bestehen. Deshalb ist laut Vorschrift nur die Verbrennung der hochgiftigen chlorierten Kohlenwasserstoffe erlaubt (Anwendungsgebiete: unter anderem Pestizide, Reinigungs– und Lösemittel). In Europa kreuzen gegenwärtig drei Verbrennungsschiffe durch die Nordsee, die Vesta, die Vulkanus I und Vulkanus II. Sie verbrannten im Jahr 1985 insgesamt 101.000 Tonnen Giftmüll. Die Bundesrepublik ist dabei erneut Spitze: Sie allein liefert 55 Prozent der gefährlichen Umweltgifte, der Rest kommt aus allen EG–Ländern mit Ausnahme Griechenlands, aus Österreich, Norwegen und der Schweiz. Hauptlieferant des deutschen Giftanteils sind der Chemie–Konzern Bayer und die „Schweinefirma“ (Greenpeace) „Westab“, ein Entsorgungsunternehmen, das bundesweit die Gifte der Industrie einsammelt. Die Seeverbrennung wird pro Tonne mit 200 bis 250 Dollar bezahlt, das ist weniger als die Hälfte des Preises für die Verbrennung an Land. Der Dumping–P 1.000 Tonnen Supergiften bedeutet dies, daß zwei Zentner „übrig“ bleiben und dem „Puffersystem“ der Nordsee anvertraut werden. „Was oben aus dem Schornstein rauskommt, ist alles andere als harmlos“, erkennt Greenpeace– Sprecherin Ingrid Jütting. Bei der Verbrennung entstehen die schon in winzigen Spuren hochgefährlichen Dioxine und Furane, das Umweltbundesamt (UBA) weist auch auf die freiwerdenden Schwermetalle hin, die ungefiltert das Weite suchen. Das UBA hat mehrfach die problematische See–Verbrennung kritisiert. Allerdings weist man auch gleich darauf hin, daß die Deponierung dieser Problemstoffe noch weit gefährlicher wäre, und die Sonderabfall–Verbrennungsanlagen an Land nicht genügend Kapazitäten besitzen. Das Gebot der Stunde: Vermeiden und Wiederverwerten der Problemstoffe. Aber wer bringt das der Industrie bei? -man–

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