: Gib mir 20 Mark!
■ ... und andere fromme Wünsche in der Punknacht mit „Messerknecht“ und „Steak Knife“ im Bremer Jugendfreizeitheim „Wehrschloß“
Wenn ein Punk-Fanzine wie das „Trust“ ein zehnjähriges Bestehen auf die Reihe bekommt, ist das den Machern nicht nur eine, sondern gleich drei Geburtstagsfeiern in verschiedenen Städten mit unterschiedlichem Programm wert. Die zweite dieser Festivitäten fand am Wochenende im Bremer Wehrschloß mit den Bands „Messer-knecht“ und „Steak Knife“ sowie den DJs Ulf & Ulf statt.
Während die Fanzine-Macher sich nicht lumpen ließen und die neueste Ausgabe ihres Heftes mit farbigem Rundum-Motiv als Jubiläumscover stapelweise umsonst verteilten, machten die Bremer Lokalhelden „Messerknecht“ den musikalischen Anfang unter dem großen „Trust“-Transparent auf der Bühne. Dominiert wurde ihr forscher Geradeaus-Sound durch Baß und Schlagzeug, wobei die Gitarren nur bei kurzen, beißenden Anschlägen problemlos herauszuhören waren. Ansonsten mußte man sich etwas konzentrieren, um auch die ausführlicheren Melodiebögen mitzubekommen. Die Mühe war es allerdings wert, denn durch das bisweilen komplexe Gitarrenspiel unterscheidet sich die Band wohltuend von ihren vielen Knüppel-Kollegen.
Größere Aufmerksamkeit wurde erst „Steak Knife“ zuteil. Begeistert wurde ihr ebenso unkomplizierter wie mitreißender Punkrock von Anfang an aufgenommen, und die Begeisterung steigerte sich mit wachsendem Wiedererkennungswert der Songs. Da klaute ein Alt-Punk schonmal den Mikrofonständer, um selbst den Refrain oder zumindest etwas Gleichwertiges hineinzubrüllen, gab ihn aber brav immer wieder zurück. Fans verlangten lautstark Lieblingssongs, gaben sich jedoch auch mit anderem Material zufrieden. „Gib mir 20 Mark!“ forderte der ansteckend zappelige Frontmann Lee Hollis nach einem energisch vorgetragenen Musikwunsch. „War wohl doch nicht so wichtig“, folgerte er, als er das Geld nicht bekam und machte unbeirrt weiter im Programm.
Die Band variierte ihre Stücke nicht großartig und spielte nach gewohnter Manier Publikumsfavoriten wie „Better than You“ oder auch „2$ Haircut“ relativ spät, aber beides erwartete und erwünschte man eigentlich nicht anders, und so blieb die gute Stimmung bis zum Schluß des knappen Sets erhalten. Die Kürze des Auftritts wurde durch ausführliche Zugaben-Sets kompensiert, wobei zum dritten Nachschlag sich tatsächlich die zwei, drei unverbesserlichen Zugaben-Rufer durchsetzen konnten, die es bei jedem Konzert gibt und die sich dadurch auszeichnen, daß sie auch noch gröhlend vor der Bühne stehen, wenn 99 Prozent des Publikums bereits den Saal verlassen haben und das Personal schon den Boden fegt. Diesmal wurden sie erhört: Die Band kam zurück und mit ihr das Publikum.
Andreas Neuenkirchen
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