Gewinnung von Coltan im Kongo: Konflikt in „konfliktfreier“ Mine

Die Coltanminen im Ostkongo gelten als unbedenklich. Im „Fairphone“ sind Rohstoffe aus den Gruben verarbeitet. Nun wurden mehrere Bergleute getötet.

Problematischer Rohstoff: Coltan wird auch für die Herstellung von Telefonen verwendet. Bild: imago/Arco Images

Die Minen um das Dorf Rubaya in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu gelten als Vorzeigeprojekt für „sauberen“ Bergbau in der Demokratischen Republik Kongo. Sie sind die einzigen Förderstellen des Tantalerzes Coltan im Konfliktgebiet Ostkongos, die als „konfliktfrei“ zertifiziert sind und daher als unbedenklicher Herkunftsort für das in der Elektronikindustrie begehrte Tantal gelten.

Unter anderem verarbeiten die Hersteller des „Fairphone“ in den Niederlanden Rohstoffe aus Rubaya. Doch am Wochenende starben auf einem der Hügel Rubayas 4 bis 15 Bergleute bei Auseinandersetzungen mit Polizei und Armee.

Von vier Toten und neun Verletzten spricht der lokale Radiosender Pole FM unter Berufung auf offizielle Stellen. Am Samstag vergangener Woche habe ein Polizist einen Bergarbeiter ausrauben wollen und ihn, als er sich wehrte, erschlagen. Die anderen Bergleute hätten daraufhin die Polizisten angegriffen.

Der UN-Rundfunksender Radio Okapi meldet, der Tote sei in Polizeigewahrsam gestorben; wütende Bergleute hätten daraufhin die Polizeistation abgebrannt und die Polizisten entwaffnet, und diese hätten Armeeverstärkung geholt. Es habe sieben Tote gegeben. In ersten Berichten war von 15 Toten die Rede gewesen. Lokale Quellen berichteten, die Bergleute hätten Verstärkung von der lokalen Bürgerkriegsmiliz Nyatura erhalten.

Rubaya war ein verschlafenes Dorf am Fluss, bis vor rund fünf Jahren der Run auf die Coltanvorkommen in den Hügeln ringsum einsetzte. Kriegsvertriebene und die lokale Hutu-Bevölkerung ließen sich zu Zehntausenden in Rubaya nieder, das zum Handelszentrum für die in den Hügeln verstreuten Coltan-Tagebauminen geworden ist. Oben auf den Hügeln wird aus großen Gruben coltanhaltiger Sand geholt und hinunter in die Stadt getragen, wo am Fluss das Coltan herausgewaschen wird.

International als „konfliktfrei“ zertifiziert

Gemäß den Richtlinien der OECD und der Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen (ICGLR) ist Rubaya seit 2012 als „konfliktfrei“ zertifiziert. Grundlage dafür ist die Erfüllung dreier Bedingungen, führt Emmanuel Ndimubanzi aus, Leiter der Bergbauabteilung der Provinzregierung von Nord-Kivu: „Keine Kontrolle oder Besteuerung durch bewaffnete Gruppen, keine illegalen Steuern, keine Kinderarbeit.“ Bis Ende 2013, so die US-Organisation Enough, waren jedoch Nyatura-Milizionäre in Rubaya präsent.

Wer in Rubaya arbeiten will, muss Mitglied der Kooperative Cooperama (Kooperative der Bergbauschürfer von Masisi) sein. Die Bergleute führen ihr Förderprodukt an Cooperama ab, die Kooperative verkauft ausschließlich an die einzige derzeit in Nord-Kivu aktive Mineralienexportfirma MHI des Tutsi-Politikers Edouard Mwangachuchu. MHI beliefert die australische Tantalschmelze Global Advanced Metals, deren Produkt an den US-Hersteller AVX geht. Von diesem kauft unter anderem Fairphone Tantalkondensatoren für die Handyherstellung.

Selbst wenn alle Beteiligten die Regeln einhalten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bergbau in Rubaya bewaffnete Akteure im Ostkongo finanziert. Viele der Bergleute kommen aus derselben kongolesischen Hutu-Bevölkerung, aus der sich auch die Miliz Nyatura rekrutiert.

Zu den Gründern der Bergbaukooperative Cooperama gehört der Warlord Ntabo Ntaberi Cheka, der derzeit weiter westlich gegen Kongos Armee kämpft. Er ging einst in den Busch, nachdem er als Coltanhändler seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte. Andererseits ist der Bergbau der Wirtschaftssektor, in dem die einfache Bevölkerung am meisten verdient: bis zu umgerechnet 20 Euro pro Tag, wie Cooperama-Chef Robert Seninga vorrechnet.

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