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Gewinn aus der Steuerkasse

RWE vermeldet ein Ergebnis von 922 Millionen Mark / Standortsicherungsgesetz beschert um eine Mark höhere Dividende  ■ Aus Essen Klaus-Peter Klingelschmitt

Ein Witwen- und Waisenpapier, wie die Aktie der Rheinisch-Westfälischen-Energie AG (RWE) in Börsenkreisen noch in den 70er Jahren genannt wurde, ist der Anteilschein aus der Konzernzentrale in Essen heute nicht mehr. Im Gegenteil: Weil vor allem mit dem Fall der Mauer der lizenzierte Verkauf von Strom auch an „Brüder und Schwestern im Osten“ (Vorstandschef Friedhelm Gieske) einer Genehmigung zum Gelddrucken gleichkommt, blicken die Stein- und Braunkohle- und Atomstromer optimistisch in die Zukunft. Mit der Erstkonsolidierung der ostdeutschen Energieversorgungsunternehmen von RWE und der von der Treuhand erworbenen Lausitzer Braunkohle AG Laubag peilt der Konzern für das laufende Geschäftsjahr eine Umsatzsteigerung von mehr als 10 Prozent an – für Insider eine „taktische Untertreibung“ von Konzernchef Gieske.

Auf der Bilanzpressekonferenz über das Ende Juni abgelaufene Geschäftsjahr gestern im RWE- Stammhaus in Essen konnte Gieske ein Umsatzplus von fünf Prozent auf 55,8 Milliarden Mark vermelden. Und auch das Konzernergebnis hat sich um 41 Millionen Mark auf insgesamt 922 Millionen Mark erhöht – und das trotz eines langen Bergarbeiterstreiks bei der US-amerikanischen RWE- Tochter Consol und durch Verluste im Konzernbereich Entsorgung, die Gieske als „Sonderbelastungen“ anführte.

Dabei schlugen die steuerlichen Vorteile aus dem Standortsicherungsgesetz für ein Engagement im Osten für den Konzern voll zu Buche. Und exakt dieses Engagement wird bei RWE mit der bilanzwirksamen Erstkonsolidierung der Tochtergesellschaften und Beteiligungen in Ostdeutschland die Umsätze und Erträge bald explodieren lassen, kündigte der Vorstandsmann an.

„Abheben“ werde RWE deshalb nicht, denn der Konzern sei ein „konservatives Unternehmen“, versicherte Gieske sogleich. Weil aber die Aktionäre schon heute vom erwarteten Höhenflug profitieren sollen, hat der Vorstand noch genau eine Mark auf die 13 Mark Dividende pro Aktie draufgepackt – als Zusatzausschüttung für den Steuervorteil aus dem Standortsicherungsgesetz im Geschäftsjahr 1993/94. Die Bemerkung, daß die AktionärInnen von RWE demnach mit einer Sonderprämie aus den Taschen aller sozialabgabepflichtigen BundesbürgerInnen belohnt würden, beantwortete der RWE-Chef leicht säuerlich mit dem Verweis auf die noch besseren staatlichen Bedingungen für die Energiewirtschaft in anderen Ländern, zum Beispiel beim Nachbarn Frankreich.

Damit RWE auch in Zukunft bei Stromerzeugung und -verkauf der Branchenleader bleiben und seine zum Teil marktbeherrschende Stellung in anderen Bereichen weiter ausdehnen kann, hat der Vorstand im abgelaufenen Geschäftsjahr investiert wie noch nie. Mit 7,1 Milliarden Mark sicherte sich der Konzern weitere Beteiligungen; allein in Ostdeutschland war RWE mit 1,6 Milliarden Mark dabei. Neu erworben hat RWE etwa die Preussag Mobilfunk GmbH, um auf dem expandierenden europäischen Telekommunikatinsmarkt mit einer neuen Holding (RWE unitel AG) mitmischen zu können. Und mit 48 Prozent hat sich RWE am zweitgrößten niederländischen Bauunternehmen Ballast Nedam beteiligt, der vor allem im pazifischen und südostasiatischen Raum tätig ist. Europa müsse den kleinen Tigern schließlich Paroli bieten, so Gieske.

Sorgen äußert der Vorstandsvorsitzende vor allem mit Blick auf Bonn. Nach dem knappen Ausgang der Bundestagswahl werde es wohl noch schwerer werden, den von RWE angeblich dringend gewünschten Energiekonsens herzustellen. Man sei doch im vergangenen Jahr mit Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) schon so schön weit gekommen – doch dann kam der Wahlkampf.

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