■ Gewerkschaft mit der Maus: Alle Macht den eRäten
„Online rights for online-workers“, fordert Frank Bsirske. Er sitzt der größten Einzelgewerkschaft der Welt vor, der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und ist Mitglied der Grünen. „Wir stehen der Einführung von Online-Verfahren in der Verwaltung grundsätzlich positiv gegenüber“, erklärte er auf dem Bremer Kongress. Anders als bei der Einführung der maschinellen Webstühle 1844 ist also seitens der Beschäftigten nicht mit Maschinenstürmerei zu rechnen. Bsirske lobte sogar ausdrücklich das Bremer Konzept, Online-Verfahren in Form von „Lebenslagen“ anzubieten. Eine Lebenslage ist zum Beispiel der Umzug. Der Chef der eProletarier war früher selbst in der Hannoveraner Verwaltung tätig. Er schätzt besonders den möglichen Legitimationsgewinn für die Administration. „E-Government kommt der Abneigung vieler Bürger entgegen, mit der Verwaltung in Kontakt zu treten.“ Bsirske verlangte aber, Arbeitsplätze zu erhalten und die erkämpften sozialen Standards der Industriegesellschaft in der Wissensgesellschaft weiterzuführen. „In der Einführungsphase von E-Government fällt zwar vorübergehend mehr Arbeit für die Verwaltungsmitarbeiter an. Langfristig gehen aber mindestens 20 bis 30 Prozent der Arbeitsplätze verloren“, fürchtet er.
Bsirske will eine Qualifizierungsoffensive vor allem für Frauen. „Internet-User sind überwiegend immer noch Männer.“ Die Fortbildung dürfe nicht auf die Freizeit der Beschäftigten abgeschoben werden. Den Betriebs- und Personalräten schlug er vor, die altgedienten Schwarzen Bretter durch Homepages zu ersetzen. Es müsse allerdings sichergestellt werden, dass dadurch nicht die blue-collar-Kollegen abgekoppelt werden. Weiter sprach er sich gegen die Ausweitung von digitaler Kontrolle und die Erstellung von so genannten Nutzungsprofilen durch den Arbeitgeber aus.
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