Gewaltsamer Tod eines Tischlers: Neonazis unter Verdacht
Zwei Rechtsextreme aus Templin werden verdächtigt, einen bankrotten Schreiner erschlagen zu haben. Kümmert sich die Stadt zu wenig um die rechte Szene?
HAMBURG taz Die Tat in Templin verlief sehr brutal. Mit einen stumpfen Gegenstand sollen zwei Rechtsextreme auf Bernd K. eingeschlagen haben. "Einer am Rand", beschreiben ihn die Anwohner, "Stippi" nennen ihn Freunde. Die Täter wollten das Opfer anzünden, erklärt Lolita Lodenkämper, Oberstaatsanwältin aus Neuruppin.
Am Dienstag früh wurde Bernd K. in einer ehemaligen Fassbinderei der 18.000 Einwohner großen Stadt gefunden. "Die massive Kopfverletzungen führten wahrscheinlich zum Tod", sagt Lodenkämper. Äußerst menschenverachtend seien die mutmaßlichen Täter Christian W. und Sven P. vorgegangen.
In der Fassbinderei hatte Bernd K., Vater von drei Kindern, früher seiner Tischlerei. Nach dem Ende der Ehe und einem Bankrott kam er aus der Bahn. Der 55-Jährige soll in der stillgelegten Werkstatt zuletzt gelebt haben. Allabendlich treffen sich hier auch Jugendliche, sagen Nachbarn der Presse, "saufen und streiten". Opfer und Täter kannten sich, so Lodenkämper, hätten zuvor zusammen getrunken, dann sei es eskaliert. Es? "Tatverlauf und Motiv sind noch nicht geklärt". Insofern könne jetzt noch nicht vom einem "rechtextremen Tatmotiv" ausgegangen werden.
In wenigen Stunden konnte die Polizei den 21-jährigen W. und den 18-jährigen P. festnehmen. P. soll vor allem gegen den Kopf von K. getreten haben. Beide sind in Haft.
So unklar der Tathintergrund, so klar der Hintergrund der Täter. Die Staatsanwaltschaft bestätigt: Beide sind stadtbekannte Neonazis. Erst im Juni wurde der 18-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Der 21-Jährige ist wegen gefährlicher Körperverletzung und schwerer Brandstiftung verurteilt. Seine Jugendstrafe ist seit Juni 2007 auf Bewährung ausgesetzt.
Die Bewohner Templins sind erschüttert. Bürgermeister Ulrich Schoeneich (parteilos) sagt, ihm sei nicht bekannt, ob es in der Stadt eine rechtsradikale Szene gebe. Das wundert Judith Porath von der brandenburgischen Opferperspektive: "Hier besteht eine subkulturelle rechtsextreme Szene - seit Jahren". Zuletzt seien gerade Punks angegriffen wurden. Harald Löschke, Leiter der örtlichen Polizeiwache, wies schon Anfang Juni bei einer SPD-Veranstaltung darauf hin, dass sich rechts motivierten Straftaten im ersten Halbjahr verdoppelt hätten. 28 Vorfälle, zählte er laut der Templiner Zeitung. Löschke erklärte demnach, verantwortlich sei eine "Truppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die rechtsorientierten Gedankengut haben".
Zu solchen Widersprüchen sagt Porath: "In der Stadt fehlt ein Problembewusstsein für diese Situation". Jürgen Lorenz vom Mobilen Beratungsteam denkt, dass "die Sorge ums Image zu der unglücklichen Aussage" führte. Die brutale Tat in Potzlow, gut 30 Autominuten entfernt, ist noch im Bewusstsein. 2002 brachten dort in drei Rechte Marinus Schöberl um. "Vergleiche zu der Tat sollten nicht gezogen werden" sagt Lorenz. Denn "noch weiß man viel zu wenig vom Tathergang".
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