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Gewalt trotz UN-Friedensplan für SyrienNur noch Annan glaubt an seinen Plan

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, will trotz mehrfachen Bruchs der vereinbarten Waffenruhe bis zu 300 UN-Beobachter entsenden. Die USA erwägen eine neue Taktik.

Den ehrenrührigen Plan, mit 300 Beobachtern in einer Diktatur Frieden durchsetzen zu wollen, sehen die USA als gescheitert. Bild: ap

BEIRUT/GENF/WASHINGTON dapd | Die Vereinten Nationen halten trotz wiederholter Verletzungen der Waffenruhe an der Umsetzung des vom Sondergesandten Kofi Annan ausgehandelten Friedensplans fest. Annans Sprecher Ahmad Fawzi sagte am Freitag in Genf, trotz der Verstöße sei die Umsetzung des Planes auf gutem Wege. Am Freitag sollten 50 von insgesamt 300 vorgesehenen UN-Beobachter in Syrien sein.

Bisher hätten die UN Zusagen von Mitgliedstaaten für 150 Beobachter, die im Auftrag des Sicherheitsrates entsandt werden. Trotz Anschlägen nahe eines Hotels, in dem Beobachter untergebracht waren, würden Mitglieder der Mission nicht gezielt angegriffen, fügte Fawzi hinzu.

Die US-Regierung zeigte sich hingegen desillusioniert. Möglicherweise sei es an der Zeit für die internationale Gemeinschaft einzugestehen, dass die Waffenruhe nicht halte und ein anderer Ansatz versucht werden müsse, erklärte das Weiße Haus. „Wenn die Unnachgiebigkeit des Regimes andauert, muss die internationale Gemeinschaft ihre Niederlage einräumen“, sagte Pressesprecher Jay Carney.

US-Regierung räumt dem Friedensplan kaum noch Chancen ein

Dann müsse auf andere Art international Druck aufgebaut werden. Es war der bislang deutlichste Hinweis darauf, dass die US-Regierung der Waffenruhe und dem Friedensplan des UN-Sondergesandten kaum noch Chancen einräumt. In Syrien selbst riefen Oppositionsgruppen nach einem Angriff von Regierungskräften auf die Universität von Aleppo für den Freitag zu Massenprotesten aufgerufen. Bei dem Angriff am Vortag waren nach Angaben von Aktivisten vier Studenten ums Leben gekommen.

Es war eine ungewöhnlich gewaltsame Aktion in der größten Stadt Syriens, deren Bewohner zu einem Großteil der Regierung des Staatspräsidenten Baschar Assad die Treue halten. Der Angriff am Donnerstag rief jedoch einen Proteststurm hervor. Aktivisten riefen zu Massendemonstrationen nach dem Freitagsgebet auf. Seit beginn des Aufstandes gegen das Regime in Damaskus vor 14 Monaten ist der Freitag der Tag der Proteste und Demonstrationen.

Die Universität von Aleppo gab bekannt, dass sie wegen des Vorfalls ihre Tore bis zum 13. Mai schließen wolle. Am Tag vor dem Übergriff hatten etwa 1.500 Studenten der Universität gegen die Regierung demonstriert und waren dabei bereits von regierungsfreundlichen Kommilitonen angegriffen worden.

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7 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    @ toddi:

     

    Ich danke für Ihre Sicht der Dinge. Mit Hinblick auf die Lage in Syrien und - wie der Artikel der TAZ es beschreibt - der geringen Erfolgsaussichten des Annan-Plans, finde ich Ihre Vermischung verschiedener Sachverhalte nicht glücklich und auch nicht überzeugend.

     

    Sie vergleichen mit Libyen - die syrische Opposition hat unter Vermittlung des Nationalrats einen Verfassungsentwurf erarbeitet, der übrigens deutlich säkuklarer ist, als die so genannte "neue syrische Verfassung". Es wurde sorgsam darauf geachtet, so viele Gruppierungen wie möglich einzubinden und nicht einfach nur "dagegen" zu sein - bsw. wurden Fragen der Kurden besprochen, ob das Land hernach noch "arabische Republik" heißen solle.

    Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass es eben nicht einfach eine militärische Opposition mit dem einzigen gemeinsamen Nenner einer Entmachtung des Diktators gibt - sondern eine strukturierte Opposition mit politischem Programm.

    Letztlich ist die gesellschaftliche, politische und geostrategische Situation in Syrien in überhaupt keiner Weise mit Libyen vergleichbar.

     

    Kein Mensch hat im Übrigen die anachronistischen Golfmonarchien in Schutz genommen, oder diese als Vorbild beschrieben. Diese spielen auch nur eine sehr untergeordnete Rolle - wenn dies anders wäre, so könnte bsw,. Saudi-Arabien die FSA mit modernen G36 ausrüsten; die Fabrik dazu hat Heckler&Koch ja dort erst hoch gezogen.

    Das tun sie aber nicht... oder haben Sie andere Belege?

     

    Sie halten es für Wunschdenken, dass man für Freiheit und Demokratie einschließlich Gewaltenteilung eintritt. Ich halte es für Bürgerpflicht und absolut selbstverständlich. Alles Andere ist Verrat an den Werten der Verfassung meines Landes.

     

    Mein Glück ist, dass ich oft in Syrien gewesen bin. Ich kenne die Menschen dort und die Situation im Lande auch aus eigener Anschauung.

    Deshalb habe ich - bei all den Spinnern, die es sicher auch bei der Opposition gibt und die ich weder verleugne, noch beschönige - absolutes Vertrauen darauf, dass die Syrer in der Lage sind, in Freiheit zu leben und ihren Staat ohne einen Diktator zu gestalten.

    Sie brauchen keine Korruption und keine Schabiha und 17 Geheimdienste, die sie täglich gängeln.

     

    Sie unterstellen mir Ignoranz und Wunschdenken - was Sie an mir ignorant finden, verstehe ich nicht... aber es gibt ein Wunschdenken: Dass die Syrer sich in freier Selbstbestimmung selbst regiern dürfen und nicht mehr Geiseln eines Diktators sind, der sich auf ihre Kosten persönlich bereichert.

    Ich bin aber auch bereit, alles dafür zu tun, damit dieser Wunsch Wirklichkeit wird!

  • T
    toddi

    @ Ant-iPod

    es tut mir weh zu sehen, das Sie auf der Suche nach der Wahrheit in Wunschdenken und Ignoranz im Kreise laufen.

    Einer Ignoranz gegenüber den Interessen der Betroffenen wie z.B. Elli (im Beitrag TAZ "UN-Beobachtern Visa verweigert) und der Mehrheit der syrischen Menschen.

    Einer Ignoranz gegenüber der deutlich verringerten Gewalt in Syrien und der Hauptverursacher der Verstöße gegen den Waffenstillstand(stand KW 17)von 86 zu 1300 "zugunsten der Revolutionäre".

    Und einem Wunschdenken - Werte der westlichen Demokratie,die von den unterdrückten in jahrzehntelangen Kämpfen erstritten wurden (und die derzeit sukzessive beschnitten werden) in einem Quasi feudalistischen Umfeld zu Installieren.

    Das gipfelt dann in Forderungen wie "Gewaltenteilung" (die in den arabischen Sponsorländern Ihrer "Revolutionäre" natürlich selbstverständlich, wie andere humanistische Werte verwirklicht sind) wo real die Scharia droht. Exemplarisch für die zu erwartende Entwicklung darf Libyen gelten - in dem die Bevölkerung schon Ihre erträumte Freiheit "genießen" darf -VOGELFREI für Stammesfürsten, religiöse "Würdenträger" und nicht zuletzt dem (westlichen) Kapital ...

  • A
    Ant-iPod

    @ toddi:

     

    Mich würde interessieren, was für ein "Frieden" das sein soll, von dem Sie phantasieren?

    Ein Frieden, in dem die Menschen nach wie vor nicht das Recht haben, an der Politik des Landes teilzunehmen? Ein Frieden, in welchem so genannte Parteien dazu dienen sollen, ein System ohne Gewaltenteilung (vgl. syrische Verfassung) mit einem demokratischen Anschein zu versehen? Ein Frieden, wo die Bedürfnisse des Volkes keine Berücksichtigung finden, weil es nur um die Bedürfnisse Assad's und der ihm Zugeneigten geht?

     

    Das Regime weigert sich bis heute überhaupt anzuerkennen, dass es eine zivile Opposition gibt. Es wird so getan, als würden keine hunderttausende friedlich gegen das Regime demonstrieren und es wird auch nicht erlaubt, dass die Menschen frei auf die Strasse gehen, ihre Meinung kundtun und dafür keine Gewalt erfahren.

     

    Die Art von "Frieden" die Sie meinen, ist lediglich die Abwesenheit von Gewalt. Das ist aber kein wirklicher Frieden, weil der Staat sein Volk unterdrückt zum Nutzen einiger Weniger.

    Ein solcher "Frieden" kann keinen dauernden Bestand haben.

    Selbst Rom - das an vielen Stellen und über Jahrhunderte Frieden durch die völlige Ausrottung der Gegner erzielt hat, ist letztlich gefallen.

     

    Wenn das syrische Volk wirklich Ruhe und Frieden haben will, dann geht dies nur in Freiheit.

    Es ist nicht nur die angebliche Intervention des Auslands, die Unfrieden in Syrien fortdauern lässt - es ist der Unwille und die Unfähigkeit des Assad-Regimes zu politischem Wandel, um den gesellschaftlichen Frieden wiederherzustellen.

    Das sollten wir nicht vergessen - schließlich ist der Mann "Präsident".

  • A
    Ant-iPod

    @ Ute:

     

    Natürlich gibt es Alternativen. Es gibt immer die militärische Alternative - welche ich aber derzeit trotz allem Ablehne. Erst Recht, wenn wie derzeit überhaupt kein Konzept bei den möglichen Interventionisten besteht, wie man nach einem Militäreinsatz vorgehen und die Bevölkerung in Syrien wieder zusammenführen will.

    Waffengewalt halte ich momentan noch für ein größeres Übel.

     

    Besser wäre es, die Sanktionen drastisch zu verschärfen und bsw. den Handel mit allen Abzubrechen, die noch immer mit Syrien Handel betreiben. Ein dezu gehöriges Embargo würde die wirtschaftliche Leistung des Landes empfindlich treffen - da Syrien aber als eines der wenigen Länder ernährungspolitisch sehr autark ist, wären die Effekte auf die Zivilbevölkerung überschaubar.

    Die Opportunisten, die derzeit noch auf Assad setzen, weil sie sich - wie er - persönlich bereichern und das Volk nur als Mittel zum Zweck betrachten, werden - wenn sie ihre Pfründe wegschwimmen sehen - den Druck zu ehrlichen politischen Reformen enorm erhöhen und etwas bewirken.

     

    Das macht die EU mit anderen Ländern schon seit Jahrzehnten - mehr oder weniger offen. Dieses Mittel hat sich bewährt und ist gewaltarm.

     

    Ihre Kritik an unserer Außenpolitik mag berechtigt sein - wir wollen aber nicht vergessen, dass Assad seine Politik wohl kaum nach deutschen Selbstdarstellen ausrichtet. Seine Politik ist eindeutig: Syrien ist sein Goldesel, der weiter Münzen abwerfen soll! Wenn das Volk dies nicht einsieht, wird es mit Waffengewalt dazu gezwungen.

     

    Wir lassen ihn offenbar gewähren, weil uns die Syrer augenscheinlich nicht interessieren.

    Das es die USA und nicht die Europäer sind, die hier Zeichen setzen, ist nicht nur beschämend... es ist entlarvend!

  • T
    toddi

    Man könnte es auch anders formulieren - nur der Westen und insbesondere seine "freien" (vom Geld der Herrschenden abhängigen) "gleich-meinigen" Medien, die Minorität der Umstürzler in Syrien und ihrer Sponsoren der arabischen "Demokraten" glauben nicht an Annan - oder besser grundsätzlich nicht an Werte wie Frieden.

    Die Restliche Welt, (glücklicherweise auch einige denkende Menschen im Westen) sehen eine deutlich verringerte Gewalt getrübt von einem Verhältnis der Verstöße gegen den Waffenstillstand ( KW 17) (stand von 86 zu 1300 "zugunsten der Revolutionäre".

    Zitat RIA " Der Plan des Sondergesandten der Uno und der Arabischen Liga für die Regelung der Situation in Syrien, Kofi Annan, funktioniert, und die UN-Kontrolle ist effektiv, sagte der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Sonntag. „Der Chef der UN-Mission berichtete, dass sich die Ausmaße der Gewalt in Syrien wesentlich verringert haben. Folglich funktioniert der Annan-Plan, und die UN-Kontrolle ist effektiv“, twittert Gatilow.

    Und sie sehen Postings wie bsp. von Elli (im Beitrag TAZ "UN-Beobachtern Visa verweigert" und sie sehen eine Parlamentswahl mit respektabler Wahlbeteiligung (auch wenn "nur die Stadtbevölkerung teilnimmt" und sie verstehen die über größte Mehrheit des syrischen Volkes will nur eines Frieden und zwar in einem funktionierenden Staatswesen in dem ein Leben lebenswert ist - und nicht einem Gebilde a la Somalia oder Libyen wo die Salafisten das "Schwert des Islam" schwingen (wie in Ansätzen neuerdings auch in Deutschland). Zusammenfassend könnte man sagen - der Assadplan ist für den Teil der Welt misslungen, die mit ihm die Hoffnung verbanden dass bei einem Waffenstillstand die Vertreter der Syrischen Regierung die Städte kampflos den bezahlten "Revolutionären" überlassen - die Zeiten für einen Regimechange sind tatsächlich nicht besser geworden - während die Chance für einen Frieden für das syrische Volk steigt ...

  • T
    toddi

    Man könnte es auch anders formulieren - nur der Westen und insbesondere seine "freien" (vom Geld der Herrschenden abhängigen) "gleich-meinigen" Medien, die Minorität der Umstürzler in Syrien und ihrer Sponsoren der arabischen "Demokraten" glauben nicht an Annan - oder besser grundsätzlich nicht an Werte wie Frieden.

    Die Restliche Welt, (glücklicherweise auch einige denkende Menschen im Westen) sehen eine deutlich verringerte Gewalt getrübt von einem Verhältnis der Verstöße gegen den Waffenstillstand ( KW 17) (stand von 86 zu 1300 "zugunsten der Revolutionäre".

    Zitat RIA " Der Plan des Sondergesandten der Uno und der Arabischen Liga für die Regelung der Situation in Syrien, Kofi Annan, funktioniert, und die UN-Kontrolle ist effektiv, sagte der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Sonntag. „Der Chef der UN-Mission berichtete, dass sich die Ausmaße der Gewalt in Syrien wesentlich verringert haben. Folglich funktioniert der Annan-Plan, und die UN-Kontrolle ist effektiv“, twittert Gatilow.

    Und sie sehen Postings wie bsp. von Elli (im Beitrag TAZ "UN-Beobachtern Visa verweigert" und sie sehen eine Parlamentswahl mit respektabler Wahlbeteiligung (auch wenn "nur die Stadtbevölkerung teilnimmt" und sie verstehen die über größte Mehrheit des syrischen Volkes will nur eines Frieden und zwar in einem funktionierenden Staatswesen in dem ein Leben lebenswert ist - und nicht einem Gebilde a la Somalia oder Libyen wo die Salafisten das "Schwert des Islam" schwingen (wie in Ansätzen neuerdings auch in Deutschland). Zusammenfassend könnte man sagen - der Assadplan ist für den Teil der Welt misslungen, die mit ihm die Hoffnung verbanden dass bei einem Waffenstillstand die Vertreter der Syrischen Regierung die Städte kampflos den bezahlten "Revolutionären" überlassen - die Zeiten für einen Regimechange sind tatsächlich nicht besser geworden - während die Chance für einen Frieden für das syrische Volk steigt ...

  • U
    Ute

    Gibt es irgendeine Alternative zu Beobachtern in Syrien.

    Sie bieten wenigstens eine geringe Chance die Verhältnisse vor Ort zu überwachen.

    Sie sind damit allemal besser,

    als das frühe Geschrei auch aus der BRD.

    Da wurde mit großer Geste der Rücktritt von Assad geforder und der Rückzug all jener und all dessen verkündet, die und was vor Ort eine Gewähr für etwas Beruhiung und etwas Überblick hätten geben können.

    Das dummdreiste Auftreten von Westerwelle und Co. waren wenig hilfreich dafür, Assad zu zwingen zu seinen Worten stehen zu müssen.