: Gewalt in der Familie
■ US-Mediziner sollen weiblichen Gewaltopfern helfen/ Ärzteverband (AMA) erläßt neue Richtlinien
New York (ap) — Gewalt gegen Frauen innerhalb der Familie ist in den Vereinigten Staaten ein so häufiges Phänomen, daß Ärzte dem nicht länger tatenlos zusehen sollen. Der amerikanische Ärzteverband (AMA) forderte deshalb am Dienstag seine Mitglieder auf, ihre weiblichen Patienten regelmäßig auf eventuelle gegen sie verübte Gewalttaten anzusprechen und ihnen — wenn nötig — beratend und helfend zur Seite zu stehen.
Des weiteren erließ der Verband eine Reihe neuer Richtlinien zum Umgang mit Gewaltopfern unter Kindern. „Jeder Arzt im ganzen Land sollte sich angesprochen fühlen“, sagte AMA-Vizepräsident Robert McAfee auf einer Pressekonferenz in New York. Laut einer Statistik des Verbandes wird fast jede vierte amerikanische Frau irgendwann in ihrem Leben einmal Opfer einer Gewalttat, die von ihrem gegenwärtigen oder früheren Lebenspartner ausgeht. Wie es hieß, wurden 30 Prozent aller Frauen, die 1990 ermordet wurden, von ihren Ehemännern oder Freunden getötet. „Es ist an der Zeit, daß Ärzte die Tatsache häuslicher Gewalt nicht länger unter den Teppich kehren oder ihr völlig gleichgültig gegenüberstehen“, sagte auch die Beraterin der Regierung in medizinischen Angelegenheiten, Antonia Novello.
Laut Erklärung des AMA sollten Ärzte es sich zur Routine machen, ihre Patientinnen direkt zu fragen, ob sie in letzter Zeit ein Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Dies sei um so notwendiger, wenn eine Frau Spuren einer Gewalttat aufweise, aber keine plausible Erklärung für ihre Verletzungen geben könne oder wolle. Der Arzt sollte dann versuchen, das Vertrauen der Patientin zu gewinnen und mit ihr zu reden. Er könnte sie auch auf die Institutionen hinweisen, von denen sie Rat und Hilfe erhalten könne.
Auch Kindern müsse Direkthilfe geboten werden, wenn sie offensichtlich Opfer familiärer Gewalt oder von Mißbrauch geworden sind, heißt es in den Richtlinien des AMA.
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