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Gewalt in SyrienDeserteure kämpfen gegen Assad-Miliz

In Damaskus sind offenbar Gefechte zwischen Regierungstruppen und Abtrünnigen ausgebrochen. Das berichten Oppositionelle. Sie planen schon für die Zeit nach Assad.

Demonstranten flüchten vor Wasserwerfern: Video-Still eines Amateurfilms aus der Stadt Idlib. Bild: Shaam News Network via dapd

KAIRO dpa/dapd | Nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus sind nach Angaben von Oppositionellen Gefechte zwischen Regierungstruppen und Deserteuren aus der Armee ausgebrochen. Laut Aktivisten kam es am Sonntag zu den Kämpfen, als das Militär die Gegend nach den abtrünnigen Soldaten absuchte.

Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht. Die "Freie Syrische Armee" der Deserteure hatte erst vor wenigen Tagen versprochen, die Angriffe auf die Regierung einzustellen, um den arabischen Beobachtern die Mission zu erleichtern. In der Neujahrsnacht kam es im Umland von Damaskus erneut zu Massenprotesten. Regimegegner wünschten Präsident Baschar al-Assad ein "trostloses neues Jahr", wie Aktivisten berichteten.

Wie das erreicht werden könnten, darauf haben sich die beiden größten syrischen Oppositionsgruppen geeinigt. Wie die Führer der regierungskritischen Bewegungen am Samstag mitteilten, wurde bei einem Treffen in Kairo am Vorabend ein Vertragsentwurf zur Einführung der Demokratie in dem seit März von gewaltsamen Unruhen geplagten Land unterzeichnet – sobald Assad gestürzt ist.

In dem Text wird ein militärisches Eingreifen des Auslands entschieden abgelehnt. Zugleich wird zu einem Schutz der Zivilbevölkerung mit allen nach internationalen Gesetzen zulässigen Mitteln aufgefordert.

"Phase des Übergangs"

Vertreter des Syrischen Nationalrats (SNC) sowie des Nationalen Koordinierungsgremiums für demokratischen Wandel in Syrien (NCB) erklärten, sie seien sich einig, dass das Regime Assads verschwinden und durch Demokratie ersetzt werden müsse. Sobald der Präsident zurücktrete, solle eine "Phase des Übergangs" beginnen, in der zunächst alle staatlichen Institutionen erhalten werden müssten.

Im Anschluss sei eine neue Verfassung zu verabschieden, die ein "ziviles, pluralistisches, parlamentarisches und demokratisches System" garantiere. Erst danach solle ein Parlament sowie ein neuer Präsident gewählt werden.

In dem in Kairo unterzeichneten Entwurf wird zugleich festgehalten, dass alles syrischen Bürger gleichberechtigt sind und auch die kurdische Minderheit "fundamentaler und historischer" Bestandteil der nationalen Struktur ist. Außerdem ruft der Text dazu auf, "syrisches Territorium zu befreien", was offensichtlich auf die seit 1967 von Israel besetzten Golanhöhen anspielt.

Der SNC und das NCB hatten sich beide in Reaktion auf das zunehmend gewaltsame Vorgehen des Assad-Regimes gegen friedliche Demonstranten gebildet. Der Syrische Nationalrat war bisher vor allem im Ausland aktiv, während das NCB auch in Syrien selbst mehrfach Treffen von Regierungsgegnern organisiert hat.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind bei den seit März anhaltenden Protesten insgesamt mehr als 5.000 Menschen ums Leben gekommen.

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4 Kommentare

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  • AK
    Anna Kleinert

    Der taz fällt nicht einmal mehr auf wenn sie den totalen Schwachsinn anderer Zeitungen wiederholt. "Deserteure kämpfen"??? D.h. sie sind mit Waffen desertiert und halten diese weiterhin? Oder sind sie von jemand anderes bewaffnet worden? In jedem Fall würde jede andere Regierung weltweit nicht anders vorgehen. Auch die kolonialisatorisch eurozentristische Disqualifizierung aller Beobachter und Institutionen, die nicht europäisch sind, ist interessant. Die taz als Zentralorgan der westlichen Rekolonialisierung?

  • HS
    Hari Seldon

    Nun es gibt "kleinere" Schönheitsfehler mit der Deklaration der Opposition:

     

    1. Der Sturz des Präsidentes (Assad) ist als Ziel gesetzt: Nun was würde Obama und die US Militär machen, falls ein 250 Köpfige Gremium (davon 150 leben im Ausland(!!!!)) den US-Präsidenten (Obama)stürzen wollen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die Hauptorganisatoren in einem Guantanamo-ähnlichen Anstalt landen, oder einen Besuch vion einer SEAL-Mannschaft, cruise missile, Drohne, usw. bekommen.

     

    2. Wen vertritt das Gremium, und wer hat dieses Gremium gewählt? Zur Zeit sieht so aus, dass hier um eine selbsternannte Truppe geht (Demokratie hoch drei). Es gäb kürzlich Kommunalwahlen in Syrien. Bitte, warum gibt es keine Berichte in den Mainstream-Medien: Wie war das Ergebnis, was hat die Bevölkerung gesagt? Oder war das Ergebnis für die von aussen finanzierte und selbsternannte "Demokratiebewegung" vernichtend? Es gibt Zahlen, dass in den letzten Tagen ca. 250 000 Menschen in Syrien demonstriert haben. Aber was nicht geschrieben wird, demonstrierten mehr als 200 000 FÜR Assad, und der Rest aus dem 250 000 gegen Assad...

     

    3. Die "Demokratie" in Lybien nach der Agression gegen Jamahiriya können wir alle sehen. Übrigens leitet jetzt der bekannte Al-Kaida Terrorist aus Tripoli jetzt die "Befreiung" von Syrien. Bin nicht sicher, dass das Volk in Syrien unbedingt auf Al-Kaida warten würde (insbesondere die Frauen (ca. 50% der Bevölkerung) nicht).

     

    @myers: Libanon war auch Teil von des hystorischen Syrien.

  • S1
    SURI 1

    Die assads-tage sind gezählt!

    Blad wird er und die nazi-baath-partei von der Oberfläche verschwienden. Und das Alles wäre ohne jene RebellInnen, die sich dafür geopfert haben und die immer sich noch opfern, nie geschehen.

    Nicht nur Ich neige mich vor Euch, meine VorbilderInnen, sondern auch fast die gesamte Welt, außer mancher komischen Leute, die immer noch in der Dummheit schweben, denen es gut geht, wenn ein Scheiß-Diktator sie regiert!

    Ein schönes, gutes, gesundes, glückbringendes, freiheitschaffendes, verbrecherbeseitigendes und naziabschiebendes Jahr!

    Es lebe HOCH DIE FREIHEIT!

  • JJ
    Jared J. Myers

    > Außerdem ruft der Text dazu auf,

    > "syrisches Territorium zu befreien",

    > was offensichtlich auf die seit 1967

    > von Israel besetzten Golanhöhen anspielt.

     

    Nicht nur auf Israel! Der Sandschak, die heutige türkische Provinz Hatay um die Städte Iskenderun und Antakya, war syrisches Staatsgebiet, bis die französische Kolonialmacht den gebirgigen und fruchtbaren Landstrich Ende der 30er Jahre nach einer Zeit formeller Autonomie der Türkei "schenkte", um deren Kriegseintritt auf deutscher Seite zu verhindern.

    Die meisten Syrer betrachten das Gebiet nach wie vor als Teil Syriens.

     

    Ihn allerdings ernsthaft von der Türkei zurückzufordern, hätte für jede syrische Regierung desaströse Konsequenzen.