Gewalt im Südsudan: Vergewaltigt und verbrannt
Die UN-Mission wirft Regierungstruppen grausame Verbrechen an der Bevölkerung vor. Die Schilderungen erinnern an Ruandas Völkermord.
Die UN-Blauhelmmission im Südsudan (UNMISS) hat gegen die Regierung des Landes schwere Vorwürfe erhoben. Regierungssoldaten hätten Mädchen vergewaltigt und bei lebendigem Leibe in ihren Hütten verbrannt, heißt es in einem neuen UNMISS-Menschenrechtsbericht. Gruppenvergewaltigung und Folter seien Merkmale eines Militärfeldzuges, der sich durch seine „neue Brutalität und Intensität“ auszeichne, so der Bericht über die jüngste Regierungsoffensive gegen Rebellen im ölreichen Bundesstaat Unity.
Im April hatte die Regierungsarmee SPLA (Südsudanesische Volksbefreiungsarmee) von Präsident Salva Kiir in Unity eine Großoffensive gegen die Rebellen des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar gestartet. Die Kämpfe konzentrierten sich auf den Distrikt Mayom, Siedlungsgebiet des Nuer-Volkes, dem Machar angehört.
„Die SPLA und verbündete Milizen aus Mayom führten einen Feldzug gegen die lokale Bevölkerung, der Zivilisten tötete, Dörfer plünderte und zerstörte und über 100.000 Menschen in die Flucht trieb“, heißt es in dem UN-Bericht, der noch nicht veröffentlicht ist, aber von einzelnen Journalisten eingesehen wurde. UNMISS wartet noch auf eine Reaktion der südsudanesischen Regierung, bevor sie ihn freigibt.
In mindestens neun getrennten Fällen hätten die UN-Untersucher von Überlebenden erfahren, dass Frauen und Kinder erst Opfer von Gruppenvergewaltigungen geworden und dann in ihren Hütten lebendig verbrannt worden seien, heißt es. Auch junge Mütter mit Säuglingen wurden nicht verschont.
Zehntausende auf der Flucht
Direkten Zugang zu den angeblichen Tatorten erhielten die UN-Mitarbeiter nicht. „Das Ausmaß und das Niveau der Grausamkeit deutet auf eine Tiefe von Feindseligkeit hin, die weit über politische Differenzen hinausgeht“, so der UN-Bericht weiter.
Verbrechen gegen Zivilisten der Gegenseite kommen in Südsudans Bürgerkrieg, der im Dezember 2013 begann, häufig vor – schon im Befreiungskrieg von 1983 bis 2005 standen die beiden großen Volksgruppen Dinka und Nuer immer wieder auf unterschiedlichen Seiten. Vor den Gräueltaten, die an Ruandas Völkermord 1994 erinnern, flohen schon 2013 Zehntausende von Menschen in UN-Basen im Südsudan.
Derzeit sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration über 2,1 Millionen Südsudanesen auf der Flucht. Rund 140.000 leben in „Zivilen Schutzlagern“ (POCs) in UN-Basen. Im POC von Unitys Hauptstadt Bentiu lebten bis vor kurzem rund 40.000 Menschen.
Während UNMISS zu Beginn des Krieges oft vorgeworfen worden war, Südsudans Regierung in Schutz zu nehmen, hat sich dies offenbar geändert, seit die Regierung die UN-Blauhelme als störend empfindet. Der neue Bericht folgt auf Südsudans Ausweisung des humanitären UN-Koordinators Toby Lanzer vor vier Wochen.
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