Gewalt im Kosovo: Wieder Unruhen in Mitrovica
Serben im Norden der geteilten Stadt sperren erneut die Brücke über den Fluß Ibar. Die Proteste von Albanern enden in Straßenschlachten.
SARAJEVO taz | Die Entwicklung in der zwischen Albanern und Serben geteilten Stadt Mitrovica hatte in den letzten Wochen vielversprechend ausgesehen. An den Parlamentswahlen vom 8. Juni hatten erstmals auch Serben im Norden der Stadt teilgenommen, die Stadtverwaltung entfernte vorige Woche sogar den Schutt auf der Brücke über den Fluss Ibar, der den Autoverkehr zwischen den beiden Stadtteilen verhindert hatte.
Doch am vergangenen Wochenende bauten Serben die Sperren mit Blumenkästen wieder auf. Dadurch war die Brücke erneut für den Verkehr gesperrt.
Das rief wiederum militante Albaner auf den Plan. Hunderte versammelten sich am Sonntagnachmittag auf der Südseite der Brücke. Sie wollten die Blumenkästen wieder entfernen. Sie trugen albanische und amerikanische Flaggen und riefen „UCK“ – den Namen der früheren „Kosova-Befreiungsorganisation“.
Die vor allem aus Albanern bestehende Kosovopolizei schritt ein. Steine flogen. Die Lage eskalierte, die Polizeikräfte setzten Tränengas ein. Die Kosovo-Polizisten erhielten zwar Verstärkung von internationalen Eulex-Polizisten und Eufor-Soldaten, doch zwei Polizeifahrzeuge wurden dennoch in Brand gesteckt. Nach Angaben eines Sprechers wurden 13 Polizisten und zehn Zivilisten verletzt, darunter zwei Journalisten. Nach Angaben des Polizeisprechers Avni Zahiti wurden 5 Personen verhaftet. In Prishtina sieht man die Aktion der Serben als Provokation an, um die Normalisierung der Verhältnisse zu behindern. Die Regierung Kosovos forderte die Bürger auf, sich ruhig zu verhalten. Sie appellierte an die EU, ihre Anstrengungen zu verstärken und die serbische Provokation zu ahnden. Die Barrikaden müssten so schnell wie möglich beseitigt werden. Die Regierung werde, sollte Brüssel untätig bleiben, „die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Verfassung Kosovos ergreifen“.
„Destruktive Demonstrationen“
Der neu errichtete „Friedenspark“ hat offenbar die Billigung der serbischen Stadtverwaltung erhalten. Der Bürgermeister von Nord-Mitrovica, Goran Rakic, erklärte, er könne niemanden daran hindern, seine Meinung auszudrücken. Er erklärte, der „Friedenspark“ sei ein Beitrag zur „Normalisierung der Lage“ in der Stadt und forderte die Regierung in Prishtina auf, ihre Rhetorik zu zügeln.
Der Direktor des Belgrader Verbindungsbüros, Marko Djuric, verurteilte die „destruktiven Demonstrationen“, die gegen den „Frieden gerichtet“ seien. In Prishtina schütteln politische Beobachter nur den Kopf über so viel Scheinheiligkeit. „Erst errichten sie eine neue Barrikade, um die Stadt zu trennen, dann sprechen sie von Frieden und Zusammenarbeit“, erklärten ausländische Diplomaten gegenüber der taz.
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