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Gewalt im Kongo

■ Im einst friedlichen Brazzaville kämpfen Regierungsgegner und Armee

Berlin (taz) – Seit einem halben Jahr ist Brazzaville, Hauptstadt des zentralafrikanischen Kongo, Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen der Armee und hochgerüsteten Milizen der Opposition. Am vergangenen Wochenende starben erneut vier Menschen, darunter ein Soldat; im Dezember wurden offiziell 87 Tote gezählt, im November waren es um die 60 gewesen. Die Kontrahenten: Truppen der demokratisch gewählten Regierung von Präsident Pascal Lissouba auf der einen Seite, Anhänger des 1992 abgewählten Militärherrschers Denis Sassou-Nguesso und vor allem des mit ihm verbündeten, bei den Präsidentschaftswahlen von 1992 knapp unterlegenen Bernard Kolelas.

Die ersten Auseinandersetzungen begannen im letzten Juni, nachdem die Oppositionsallianz von Sassou-Nguesso und Kolelas den Sieg der Regierungspartei bei Neuwahlen zum Parlament nicht anerkannt hatte. Die von Kolelas angeführten Milizen brachten rasch mehrere Stadtteile unter ihre Kontrolle, was die Furcht vor einem Bürgerkrieg wachsen ließ. Anfang August einigten sich beide Seiten auf eine internationale Überprüfung der Wahlen durch eine Kommission afrikanischer und europäischer Juristen. Die Kommission nahm am 30. Oktober ihre Arbeit auf – und seitdem fürchtet die Regierung, ihre Parlamentsmehrheit könnte durch eine Annullierung einiger Teilergebnisse dahinschmelzen. Am 3. November – während Präsident Lissouba zu einem Staatsbesuch in Gabun weilte – griff die Armee die von den Milizen gehalteten Stadtteile an; Kolelas' Haus wurde zerstört, und der Oppositionsführer flüchtete nach Zaire.

Seitdem kämpfen in den Stadtteilen Bacongo und Makekelekele Einheiten der regulären Armee und Anhänger von Kolelas, teils auch mit schweren Waffen. Vor allem Oppositionsanhänger haben sich dabei durch Greueltaten hervorgetan; die Regierung versucht ihrerseits, die Oppositionsallianz zu spalten und einen immer möglichen Putsch von Nostalgikern des alten Regimes abzuwehren, indem sie die Armee vorrangig gegen Kolelas' Anhänger einsetzt, die Stammesgenossen des Ex-Diktators Sassou-Nguesso jedoch eher verschont. Damit nehmen die Auseinandersetzungen allmählich einen ethnischen Charakter an, und afrikanische Kommentatoren scheuen in dieser Hinsicht auch nicht den Vergleich Brazzavilles mit Sarajevo. „Langsam“, schließt die Zeitschrift Jeune Afrique, „fällt Kongo auseinander.“ D.J.

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