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Gewalt gegen PolizistenInnenminister will härtere Strafen

Vor dem 1. Mai streitet sich die Koalition, wie Polizisten besser geschützt werden können. Die Ideen haben hohen Symbolwert, Polizisten sind auch heute kein Freiwild.

Polizisten am 1. Mai in Berlin-Kreuzberg: Zieht es sie hin zur Gewalt, oder laufen sie vor ihr weg? Bild: dpa

FREIBURG taz | CDU/CSU und FDP wollen im Strafrecht den Schutz von Polizisten verbessern, weil die Gewalt gegen Polizeibeamte zugenommen hat. Dies ist bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Da Polizisten aber auch heute schon vor Gewalt geschützt sind, geht es nur um symbolische Gesetzgebung.

Wer einen Polizisten mit der Faust schlägt, begeht auch heute schon eine Körperverletzung, die mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann. Wer einen Polizisten mit dem Messer angreift, begeht sogar eine gefährliche Körperverletzung. Bei einem Mordversuch an einem Polizisten droht maximal lebenslange Haft.

Daneben bestraft das Strafgesetzbuch noch den "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte". Wer einen Polizisten bei einer Festnahme oder einer Personalienfeststellung bedroht oder angreift, muss mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen. Wenn dabei eine Waffe im Spiel war, ist der Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre. In der Regel werden Widerstand und Körperverletzung zusammen bestraft, indem eine Gesamtstrafe gebildet werden.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will den Koalitionsauftrag umsetzen und Polizisten strafrechtlich besser schützen. Dabei soll auch die Verwendung eines "gefährlichen Werkzeugs", etwa eines Baseballschlägers, zum erhöhten Strafrahmen beim Widerstand führen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Wochenende, dass er dies für völlig unzureichend hält.

In der Union werden derzeit vier weitere Verschärfungen des Strafrechts diskutiert. So soll der Strafrahmen bei einfachem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erhöht werden. Bayern und Sachsen schlagen in einem Gesetzentwurf eine Erhöhung von zwei auf drei Jahre vor. In der CDU-CSU-Bundestagsfraktion ist von fünf Jahren und einer Mindeststrafe die Rede.

Außerdem könnte der "Widerstand" nicht nur bei Vollstreckungshandlungen gesondert strafbar sein, sondern bei jedem Auftreten eines Polizisten in der Öffentlichkeit, etwa bei einem Streifengang oder der Begleitung einer Demonstration.

Um den besonderen Schutz von Polizisten symbolisch noch mehr herauszustreichen, wird auch diskutiert, ob die "Körperverletzung von Amtsträgern" einen eigenen Straftatbestand bekommt, zum Beispiel als Paragraf 115 des Strafgesetzbuchs.

Doch nicht einmal in der Union ist daran gedacht, hier einen höheren Strafrahmen als bei der Körperverletzung von Normalbürgern vorzusehen.

Schließlich sollen neben Polizisten auch Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und sogar Busfahrer in den Schutzbereich des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" einbezogen werden.

Die Diskussion wird allerdings dadurch kompliziert, dass dieses Delikt eigentlich gar keine strafschärfende Norm ist, sondern ein bürgerfreundlicher Sonderfall der Nötigung. Wer Widerstand gegen Polizisten leistet, sollte bisher milder bestraft werden, weil man die besondere Erregung der Bürger beim Anblick der Staatsmacht verständnisvoll in Rechnung stellte.

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6 Kommentare

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  • G
    gaijinette

    Sagt mal... habe ich da richtig gelesen oder habt Ihr kürzlich den Innenminister in die Redaktionsräume gelassen? Hatte er eigentlich einen Durchsuchungsbeschluß? War er bewaffnet? Hat man ihn oder seine 'Begleiter' (er kam doch kaum allein?) auch nur eine Sekunde aus den Augen gelassen? Ihr habt aber doch eine Videoaufzeichnung seines 'Besuchs', oder nicht? Von wegen Gleiches mit Gleichem ver... Wenn ja, unbedingt abspielen. Irgendwo muß die Sternsekunde sein, in der der Minister beschloß, es müsse Schluß sein mit der Toleranz gegen linke Gewalt. Entschlüsse kann man ja neuerdings an den Pupillen ablesen -- es wäre doch niedlich, zu wissen, was in der taz-Redaktion diesem ministeriellen Entschluß voranging...

     

    Andererseits ist erneut zu sagen, daß tatsächlich im Koalitionsvertrag steht, daß der Kampf gegen links auch gesetzlich... nein, so steht das da nicht. Es sollen Maßnahmen gegen rechts auch auf links ausgeweitet werden, und es findet sich das Wort Ressourcen. Es geht also um Effizienz, ein Wort mit Tradition in Deutschland. Es soll effektiver gegen links... nein, auch so steht das da nicht, ist aber ableitbar. Ressourcenschonend wäre eben eine gesetzliche Maßnahme. Es ist höchste Zeit, daß der tausendjährigen 'Tradition der öffentlichen Brandmarkung von Rechtsextremismus' historische Gerechtigkeit folgt und endlich Linksextreme zur Rechenschaft gezogen werden. Ich habe zwar keine Verbindung 'nach oben' (respektive 'unten'), aber ich würde mich nicht wundern, wenn Franz-Josef Strauß an dieser Stelle auch den gezielten Rettungsschuß empfohlen hätte. Ließe sich allerdings gesetzlich kaum steigern.

     

    Wenn Merkel als naturwissenschaftlich gebildete Umweltministerin Gefahren der strahlenden Castoren heruntergespielt hat, Behälter, zu deren Transportsicherung Polizisten eben jener Strahlung ausgesetzt waren, ist das natürlich keine linke Gewalt gewesen... hm... ließe sich die Höchstrafe bei besonders gefährlichen Waffen (Strahlung) und bei nachgewiesener Heimtücke auch auf lebenslänglich ausweiten und rückwirkend anwenden?

     

    --gaijinette

     

    P.S.: 'Der Minister appellierte, Gewalt aus der linken Szene nicht länger zu tolerieren.' Das ist eine Unterstellung. Wäre der Minister satisfaktionsfähig und ich nicht Pazifist dann...

  • G
    gaspard

    Am besten wäre es, wenn die 1. Mai-Aktivisten ihre infantil-narzisstischen Charakteranteile im Rahmen eines begleiteten Anti-Aggressionstrainings bearbeiten würden. Zum Beispiel könnten sich zwei Gruppen bilden in der Rolle von "Autonomen" und "Bullen".Die Real-Autonomen wären dann auch mal in der Bullenrolle, würden also von Gruppe B beschimpft und mit Plastikflaschen beworfen usf., um dann - nach einer kurzen Lockerungsübung - wieder in die Autonomenkluft zu schlüpfen, um gegen das - eben verkörperte - "Feindbild Staat" loszuschlagen. Anschließend eine einstündige "Was tut das mit mir"-Runde. Bereits straffällig Gewordene sollten nicht in den Knast geschickt, sondern zu solchem Konfrontationstraining verpflichtet werden.

  • C
    claudia

    >>Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden.

  • DM
    Denkender Mitmensch

    Plant Herr de Maizière auch höhere Strafen bei Gewalt VON Polizisten, oder bleib da alles beim Alten?:

     

    Vermummungserlaubnis, bloß keine Dienstnummern, "Corpsgeist" sprich Protektion von Schlägern in den eigenen Reihen, keine unabhängige Kontrolle...

     

    Frau LS hat natürlich recht:

    Natürlich bringen schärfere Gesetze keine Autonomen zum zuhausebleiben. Genausowenig übrigens wie härtere Strafen gegen Autoanzünder: Jene dürften beim ersten mal Erwischt-werden bereits finanziell ruiniert sein, schließlich gibt es bei Schadenersatzklagen weder Bewährung noch sonstige Rabatte. (Und ich glaube nicht, daß der durchschnittliche Autonome die 20.000-100.00 auf dem Konto hat, die er da abfackelt...) Da ist das eigentliche Strafmaß völlig Hupe. Trotzdem zünden die weiterhin Autos an was das Zeug hält... Aber das nur am Rande.

     

    Dafür könnte man mit solchen Gesetzen natürlich ganz normale Bürger z.B. im Wendland härter betrafen, wenn sie "passiven Widerstand" gegen Polizisten üben... den kann man durch "Zeugen"-aussagen auch schnell mal in aktiven umdeuten...

     

    Vielleicht ist das dann ja auch die eigentliche Absicht hinter de Maizière's "Totalitärer Polizeistaat 2.1" Iniative...

     

    Klarmachen zum Ändern!

  • AN
    Arno Nym

    Ich finde es erschreckend, wie sehr die Extremismustheorie der Vorgängerregierung greift. Welche gesellschaftlichen Auswirkungen das hat ist schon jetzt zu spüren. Die Gewaltfrage steht dabei außer Frage(den der Artikel handelt nun offensichtlich über Gewalt, da dabei Personen in Gefahr gebracht werden), trotzdem finde ich es abstossend linke Demonstranten die für mehr Offenheit und gegen Diskriminierung etc. demonstrieren mit rechten volksverhetzenden Neonazis auf eine Schiene zu stellen. Wenn die Gesellschaft schon dazu aufgerufen wird nun auch Intolleranz gegenüber libertären Ideologien walten zu lassen ist das meiner Meinung nach nur dem Nationalstaat dienlich. Die Herren der CDU und FDP versuchen anscheinend ein verwischen der Grenzen von links und rechts zu bewirken und somit ein Feindbild für unsere demokratische Gesellschaft zu schaffen, indem die beiden so verschiedenen ideologischen Seiten auf das Level der Gewalt reduziert werden. Politik ist kein Strahl der von links nach recht bemessen wird sondern meiner ansicht nach ein viel komplexeres Gebilde des menschlichen Denkens...Danke

  • S
    Simon

    Einen wunderschönen friedlichen 26.April.2010

    Es wird von schärferen Gesetzen für die Gewalt gegen "demokratischen" Beamten gesprochen.

    Wie wäre es mit einem Rollentausch oder einer Gleichberechtigung der demokratischen Bürger und Bürgerinnen Deutschlands. Ich erinneree mal so neben bei an die Freiheit statt Angst Demo 2009.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=BjWbkIcCTqI

     

    Werden bei solchen Übergriffen die Beamten auch mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren bestraft?

     

    So wie der 1. Mai in den Medien angekündigt wird, scheint es mir als ob unser Herr Bundesinnenmenister Thomas de Maizière die Ausschreitungen nicht nur erwartet sonder auch wünscht. Gibt es zu wenig für unsere Prügelknaben zu tun? Nunja, denkt immer daran sie sind und bleiben "dein Freund und Helfer".

     

    Gewalt ist keine Lösung, Kommunikation dagegen schon!

     

    Mit besten und friedlichen Grüßen

    Simon

     

    P.S

    Atomkraft? Nein Danke!