Gewalt II: Kein unbeschriebenes Blatt
Ein in der Türkei aufgetauchter Tatverdächtiger des Prügelexzesses am Alexanderplatz erklärt, sich der deutschen Polizei stellen zu wollen. Ein zweiter Beschuldigter muss in Untersuchungshaft.
Die Fahndung nach den Tätern des Prügelexzesses am Alexanderplatz läuft auf Hochtouren. Auch die Medien mischen kräftig mit: „Die Polizei sucht nach diesem Mann. Bild hat ihn gefunden“, titelte das Blatt am Montag. Ein Reporter habe den 19-jährigen Onur U. in der Nähe von Izmir in der Türkei aufgespürt. Der Gesuchte wird mit den Worten zitiert: „Ich komme nächste Woche nach Deutschland zurück und werde mich meiner Verantwortung stellen.“
Der Amateurboxer ist einer von sechs Tatverdächtigen, die den 20-jährigen Jonny K. am 14. Oktober auf dem Alexanderplatz zu Tode geprügelt haben. Drei Tatverdächtige hat die Polizei ermittelt. Drei weitere sind auf der Flucht. Onur U. gelte als Hauptverdächtiger, schreiben Medien, die Polizei hat dies bislang nicht offiziell bestätigt. Bild beruft sich auf angebliche Aussagen anderer Verdächtiger, wonach Onur U. derjenige gewesen sein soll, der Jonny K. „totgetreten“ habe. Onur U. bestreitet das. Die anderen hätten sich abgesprochen. „Die wollen mir die Schuld in die Schuhe schieben, um von sich abzulenken“, sagte er der Zeitung.
Alles sei noch offen, bestätigt Rechtsanwalt Ulrich Dost. Sein Mandant, der 19-jährige Beschuldigte Osman A., war bislang der Einzige, der wegen des Prügelexzesses in U-Haft saß. Auf Betreiben der Staatsanwalt wurde am Montag ein zweiter Beschuldigter – ein 21-jähriger Mann – inhaftiert. Er war zunächst wieder freigelassen worden.
Hieb ins Gesicht
Der Spiegel berichtet, dass der jetzt in der Türkei aufgetauchte Onur U. in den letzten zwei Jahren insgesamt viermal vor Gericht gestanden habe – unter anderem wegen Körperverletzung und Nötigung. Onur U. sei zu Arbeitsstunden und zur Teilnahme an einem Antigewaltseminar verpflichtet worden. Auch beim letzten Urteil ging es um Körperverletzung: Laut Spiegel war Onur U. mit dem Auto unterwegs und verpasste einem Fahrradkurier nach einer Beinahekollision einen Hieb ins Gesicht.
Er sei nicht in die Türkei geflohen, sondern habe seinen Vater bei einem Termin wegen eines Grundstücks begleitet, behauptet Onur U. nun. Unklar ist, ob er neben der deutschen auch einen türkischen Pass besitzt. Letzteres hieße, dass ihn die Türkei nicht nach Deutschland ausliefern würde.
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