Getreideimporte in Deutschland: Wachsender Hunger auf Mais und Soja
Deutschland muss zum zweiten Mal in Folge Getreide einführen. Schuld daran ist die hohe Fleischproduktion. Biogasanlagen könnten mitverantwortlich sein.
BERLIN taz | Zum zweiten Mal in Folge wird in diesem Jahr bundesweit mehr Getreide verbraucht als geerntet werden. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) schätzt in seiner aktuellen Ernteprognose, dass die Ernte bis zum Jahresende 41,3 Millionen Tonnen Getreide betragen wird. Das wären nochmals 1,5 Prozent weniger als im vergangenen Jahr.
Bislang kamen vergleichsweise geringe Ernten nur in einzelnen Jahren vor: 2007 und 2003 lagen die Erträge zuletzt auf einem ähnlich niedrigen Niveau. „Dabei war der Verbrauch in den vergangenen Jahren stabil. Er lag bei etwa 42 Millionen Tonnen“, sagt Geschäftsführer Henning Ehlers, der als Ursache des Rückgangs vor allem schlechte Witterungsbedingungen nennt.
Die extreme Frostperiode in der ersten Februarhälfte habe Weizen, Gerste und teilweise auch Raps stark zugesetzt; danach habe ein extrem trockener März die Bestände weiter dezimiert. Derzeit mache eine „ausgeprägte Frühjahrstrockenheit“ den Landwirten zu schaffen.
Wetter ist nicht alles
Doch auch der zunehmende Anbau von Mais für Biogasanlagen trage dazu bei, dass anderen Getreiden weniger Fläche zur Verfügung stehe. „2002/03 wurden noch 1,2 Millionen Hektar Silomais angebaut“, sagt Ehlers – mittlerweile seien es über 2 Millionen Hektar. Dass der Gesamtverbrauch dennoch stabil bleibe, führt er auf den Ersatz von Futtergetreide durch andere importierte Sorten zurück. So werde zur Fütterung zunehmend importierte Tapioka oder Soja eingesetzt.
Für Reinhild Benning, Agrarexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, sind die Biogasanlagen aber nicht das zentrale Problem. „Wir haben in Deutschland eine sehr hohe Fleischproduktion“, sagt sie. Mehr als 60 Prozent der Anbauflächen seien deshalb Futterflächen.
Hinzu komme, dass auch Fleisch exportorientiert produziert werde: So habe die Menge des produzierten Schweinefleischs im vergangenen Jahr 15 Prozent über dem bundesweiten Absatz gelegen.
Biogasanlagen würden erst dann zum Problem, wenn es sich um große, zentrale Anlagen handele, die die umliegenden Flächen für den gezielten Anbau von Biomasse nutzten. „Dezentrale, kleine Anlagen können dagegen auch mit Reststoffen betrieben werden“, sagt Benning.
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