Gesunkene Nachfrage: Krise erreicht die Auto-Zulieferer
Nach den Autokonzernen fahren nun auch die großen Zulieferer-Firmen die Produktion deutlich zurück. Wirtschaftsminister Glos kündigt Reform der Kfz-Steuer an, um Absatz anzukurbeln.
FRANKFURT afp/ap/taz Die deutsche Autoindustrie reagiert mit harten Einschnitten auf die Verkaufskrise der Branche. Betroffen sind vor allem die Belegschaften der Autokonzerne, aber auch die Mitarbeiter der Zulieferfirmen. Continental bremst an mehreren Standorten die Fertigung, Weltmarktführer Bosch erwägt Kurzarbeit, viele Betriebe haben ihre Schichten heruntergefahren. Die Bundesregierung will den Autoabsatz mit Steueranreizen ankurbeln. Wirtschaftsminister Michael Glos kündigte am Dienstag eine Reform der Kfz-Steuer als Teil eines "ersten Pakets zur Stärkung der Wirtschaft" an.
Continental schickt die 1.500 Mitarbeiter, die in Regensburg unter anderem Sensoren und Wegfahrsperren herstellen, in der Weihnachtswoche in die Werksferien. Auch an den übrigen fast fünfzig deutschen Conti-Standorten passe man die Produktion der gesunkenen Nachfrage der Autohersteller an. "Es werden Arbeitszeit- und Urlaubskonten abgebaut", sagte eine Sprecherin in Hannover. Zudem werde der Einsatz von Leiharbeitern verringert. Conti beschäftigt in Deutschland rund 50.000 Mitarbeiter.
Ein Bosch-Sprecher sagte den Stuttgarter Nachrichten, das Unternehmen sei mit dem Betriebsrat seit geraumer Zeit im Gespräch, um neben dem Abbau von Überstunden auch die Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden zu verringern und möglicherweise Kurzarbeit einzuführen. "Die Autohersteller überdenken Woche für Woche die Produktion." Das treffe auch die Zulieferer, sagte der Sprecher. Die Kraftfahrzeugsparte von Bosch beschäftigt in Deutschland rund 66.000 Mitarbeiter, weltweit sind es 165.000 Beschäftigte.
Auch bei den Autokonzernen selbst sind die aktuellen Einschränkungen beträchtlich. VW schmeißt in Deutschland jeden vierten seiner 3.700 Leiharbeiter raus. Für ein Drittel der Mitarbeiter des VW-Werks im slowakischen Bratislava gelten kürzere Arbeitszeiten. Dort werden unter anderem die Geländewagen VW Touareg und Audi Q7 montiert. Die VW-Töchter Seat und Skoda wollen weniger Autos produzieren.
Daimler legt an all seinen 14 deutschen Fertigungsstandorten über Weihnachten eine bis zu vierwöchige Zwangspause ein. Die Produktion ruht vom 12. Dezember bis zum 12. Januar. Daimler hatte vergangene Woche gemeldet, dass der Verkauf von Autos der Marke Mercedes Benz im dritten Quartal um 8 Prozent schrumpfte. BMW drosselt die Produktion in seinen deutschen Werken und denkt über Produktionsstopps im Ausland nach. Im Werk Leipzig stehen in dieser Woche für vier Tage die Bänder still. Anfang November folgen dann die Werke Regensburg und München mit je fünf Tagen. Auch in Dingolfing und Landshut soll die Arbeit ruhen. BMW hatte im August angekündigt, in diesem Jahr 25.000 Autos weniger als geplant herzustellen.
Ford meldete an seinem Produktionsstandort Köln Kurzarbeit an. In Teilen der Motorenfertigung sollen ab dem 3. November für insgesamt fünf Wochen die Bänder stillstehen. Betroffen sind 820 von insgesamt 17.300 Mitarbeitern. An den Standorten Saarlouis und Köln entlässt der Autobauer 200 Leiharbeiter vorzeitig. Opel verhängte im Oktober für viele in- und ausländische Standorte eine mehrwöchige Zwangspause bis Anfang November. Betroffen sind unter anderem die Werke Bochum, Eisenach, Antwerpen (Belgien), Luton (Großbritannien), Gliwice (Polen) und Trollhättan (Schweden). Nur am Stammsitz Rüsselsheim läuft alles wie gehabt. Dort wird der neue Mittelklassewagen Insignia produziert. Porsche kündigte bislang noch keine Einschnitte an. Jedoch verkaufte das Unternehmen sowohl in Deutschland als auch den USA in den vergangenen Monaten deutlich weniger Sport- und Geländewagen.
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