Gesundheitswesen in USA: Obama gibt Reform nicht auf
Der US-Präsident hat einen neuen Entwurf zur Einführung einer Krankenversicherung vorgelegt. Am Donnerstag will er vor TV-Kameras mit seinen Gegnern streiten.
WASHINGTON taz | Der Chef persönlich nimmt die fest gefahrene Debatte über die Gesundheitsreform in die Hand. Kurz bevor er am Donnerstag im Weißen Haus einen "Gesundheitsgipfel" ausrichtet, hat Barack Obama seine eigenen Vorschläge im Detail veröffentlicht. Er greift einzelne Kritikpunkte der oppositionellen RepublikanerInnen auf, und beharrt im Wesentlichen auf der Durchsetzung seiner Reform.
Unter anderen will Obama eine verpflichtende Krankenversicherung einführen, die rund 31 Millionen weitere Personen abdeckt. Auch will er eine Behörde einrichten, die die Hoch-Preispolitik der privaten Versicherungen kontrolliert und begrenzt. Eine staatliche Krankenversicherung, wie linke DemokratInnen sie verlangt haben, ist hingegen nicht mehr vorgesehen.
Die Opposition könnte mit Obamas neuer Initiative erstmals wieder in die Defensive geraten. Seit Monaten machen die RepublikanerInnen Kampagne gegen das Reformvorhaben. Brandmarken es als Weg in eine "Kostenexplosion" und in den "Sozialismus". Sie haben das Thema Gesundheitsreform in einzelnen Wahlkämpfen so geschickt als Argument eingesetzt, daß die DemokratInnen ihre qualifizierte Mehrheit im Senat verloren haben.
Unter anderem hatten die RepublikanerInnen der Regierung "mangelnde Transparenz" bei der Gesundheitspolitik vorgeworfen. Doch seit Montag steht Obamas Vorschlag für alle zugänglich im Web (www.whitehouse.gov/health-care-meeting/proposal). Und gerade in jenen Punkten, wo es um Missbrauch geht, ist der Einfluss einzelner RepublikanerInnen auf das Konzeptdeutlich erkennbar. Dazu haben die Kommunkationsfachleute des Weißen Hauses den Vorschlag mit Schaubildern und lebensnahen Fragen - Was passiert, wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere? Darf ich meinen Arzt frei wählen? - leicht zugängnlich gemacht. Erschwerend für die RepublikanerInnen kommt hinzu, dass der Gesundheitsgipfel am Donnerstag life im Fernsehen übertragen wird. Und vor der Kamera ist Obama ein besonders schwerer Gegner.
Obama hat einen aktuellen Aufhänger genommen, um zu begründen, daß eine Kontrollbehörde für den Gesundheitssektor nötig ist. In Kalifornien hat der Versicherer Anthem Blue Cross gerade seine Beiträge um 39 Prozent erhöht.
Der neue Vorschlag des Präsidenten ist ein Kompromiss. Wird er in dieser Form angenommen - was unwahrscheinlich ist - würde er in den nächsten zehn Jahren rund 950 Milliarden Dollar kosten. Und es käme ein großer Teil der bislang überhaupt nicht krankenversicherten Menschen in den Vereingten Staaten in den Genuß einer medizinischen Versorgung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt