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Gesundheitswesen abbauen

■ Senator Luther sieht keine Alternative zu radikalen Kürzungen

Berlin. Um Personalabbau im Gesundheitswesen und Bettenstreichungen werde man in Berlin nicht herumkommen, erklärte Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) gestern in einem Interview für das RIAS-TV-Frühstücksfernsehen. Orientieren werde man sich »an den allgemein üblichen Schlüsselzahlen für das Verhältnis von Bettenplätzen und Einwohnern«. In Marzahn sei ein Krankenhausneubau vorgesehen. Der Senator bestreitet energisch, daß bereits konkrete Schließungen geplant seien. Die Unikliniken sollen nach Auffassung Luthers bestehen bleiben. Auch die Polikliniken würden »keinesfalls von heute auf morgen geschlossen«. Sie müßten sich allerdings rasch überlegen, welches Organisationsmodell sie wählen wollen. Es werde »jedes Modell unterstützt, das sich bewährt«, betonte Luther.

Entlassungen würden am ehesten den Verwaltungsbereich betreffen. Im Pflegebereich werde es zwar »Umschulungen und Umlenkungen« geben müssen, doch brauche bei dem Arbeitskräftemangel in Pflegeberufen »niemand mit Arbeitslosigkeit zu rechnen«. Voraussetzung sei aber die Bereitschaft zu Umstellungen. Ärzte müßten bereit sein, sich auf »geringfügig veränderte Aufgabengebiete umzuorientieren«.

Die Situation in der Psychiatrie sei kurzfristig zu verbessern, indem vom Abbau betroffene Krankenhausbetten auch für diesen Bereich zur Verfügung gestellt würden, sagte Luther. Das Pflegepersonal könnte umgeschult werden.

Eine einheitliche medizinische Versorgung in Gesamt-Berlin könne gewährleistet werden, wenn alle Beteiligten »Flexibilität und Solidarität« zeigten. Ohne Bonner Unterstützung werde man das Ziel kaum erreichen können, erklärte der Senator. Die knappen finanziellen Mittel müßten so verteilt werden, daß das Versorgungsniveau im Westen gehalten und im Osten angehoben werde.

Massive Kritik gegen die laut gewordenen Forderungen (taz von Dienstag) kam gestern von der SPD Zehlendorf sowie vom dortigen Gesundheitsstadtrat Klaus-Uwe Benneter. Für den SPD-Mann »kann es nicht angehen, im Hauruckverfahren die gewachsene Westberliner Krankenhauslandschaft mit ungehobelten ‘Rohentwürfen‚ in das Vereinigungschaos einzubeziehen«. Der CDU-Abgeordnete Volker Liepelt forderte gestern: »Hände weg vom Krankenhaus Moabit.« Auch er verurteilte die »Denkspiele« der AOK, mehrere Berliner Kliniken zu schließen. adn/taz

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