Gesundheitsschädliche Weichmacher: Hormone in Babyflaschen
Kehrtwende bei dem Plastikweichmacher Bisphenol A: Die EU-Kommission strebt endlich ein Verbot an. Der Stoff steht im Verdacht, unfruchtbar zu machen.
STOCKHOLM taz | Innerhalb der EU sollen Babyflaschen, die die umstrittene Chemikalie Bisphenol A (BPA) enthalten, verboten werden. Wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, soll ab dem 1. März 2011 ein Herstellungsverbot gelten. Am 1. Juni sollen Verkauf und Import der Chemikalie ganz untersagt werden.
Damit macht die EU offenbar einen ersten Schritt, der BPA-Verbotslinie, die bereits Kanada, Australien und einige US-Bundesstaaten sowie in der EU Dänemark und Frankreich eingeschlagen haben, zu folgen. Auch Schweden und Österreich hatten den Erlass nationaler Verbote angekündigt, sofern die EU nicht aktiv werden sollte.
Noch Ende September hatte das Europäische Amt für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Entwarnung gegeben und BPA in der derzeit zugelassenen Dosis - diese hatte die EU vor zwei Jahren von 10 auf 50 Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht erhöht - für unbedenklich erklärt. Worauf einerseits die Chemieindustrie Druck auf die EU-Länder mit nationalen Verboten machte, diese aufzuheben, andererseits schon länger geäußerte Kritik an der als industrienah geltenden EFSA wuchs. Von Unabhängigkeit könne bei diesem Amt keine Rede sein, erklärte der BUND.
Auch in der Kommission war man mit dem EFSA-Votum offenbar unzufrieden. Das EU-Parlament hatte sich bereits im Sommer für ein Verbot von BPA in Babyflaschen ausgesprochen. Im Oktober kündigte der EU-Kommissar für Gesundheits- und Verbraucherpolitik, John Dalli, überraschend Beratungen mit den Mitgliedsstaaten über ein entsprechendes Verbot an. Die nunmehrige Einigung in einem Expertenausschuss sei eine gute Nachricht für alle Eltern, erklärte er jetzt.
Der hormonell wirkende Stoff Bisphenol A steht im Verdacht, unfruchtbar zu machen. Er wird unter anderem auch mitverantwortlich für Diabetes, Brustkrebs, Schädigungen des zentralen Nervensystems und Fettleibigkeit gemacht. Der Stoff, der zu den weltweit meistproduzierten Chemikalien gehört, findet sich beispielsweise in Plastikprodukten, Lebensmittelverpackungen, Zahnfüllungen und dem Thermopapier von Faxpapieren und Quittungen.
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