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Gesundheitsdaten im NetzGoogle macht Doktorspiele

Der Suchmaschinen-Riese will künftig auch Gesundheitsdienstleister spielen: In den USA läuft ein Versuch mit elektronischen Krankenakten. Datenschützer sind wenig begeistert.

Dr. Google weiss bald mehr über seine Patienten als das, was Röntgenbilder zeigen können. Bild: dpa

Bis zu 10.000 Patienten der privaten Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio sollen künftig mit einer Krankenakte ausgestattet werden, deren Technologie vom Online-Riesen Google stammt. Es ist der erste Feldversuch, den der neue Firmenbereich "Google Health" mit echten Nutzern startet. Die Idee dabei: Aktuelle Krankheitsbilder, Befunde, Rezepte, Allergien und diverse andere gesundheitsrelevante Daten des Nutzers sollen an einem zentralen Ort gesammelt werden. Die Informationen sind sowohl für Ärzte als auch für den Patienten selbst einseh- und bearbeitbar. Bei dem Versuch will Google unter anderem testen, ob ein sicherer Datenaustausch möglich ist. Die Teilnehmer sollen laut Cleveland Clinic explizit ihre Einverständnis geben müssen. Dennoch kommentierten US-Datenschützer das Vorhaben zunächst kritisch - auch weil Google bereits jetzt über einen großen Datenschatz verfügt.

In der Tat weiß Google schon heute enorm viel über seine Nutzer. So werden alle Suchanfragen mit ausgehender Internet-Adresse des Users (IP) mindestens 18 Monate intern vorgehalten. Google Mail speichert Gigabytes an E-Mails, die zur Anzeige passender Werbung von einem - laut Google nicht von Mitarbeitern einsehbaren - Algorithmus automatisch durchsucht werden. Und im Weblog-Dienst Blogger schütten Millionen von Nutzern der Internet-Öffentlichkeit ihr Herz aus. Hermann Maurer, Informatikprofessor an der TU Graz, der eine kritische Studiensammlung zu möglichen Gefahren durch den Internet-Giganten herausgegeben hat, sieht in der Suchmaschine in den nächsten Jahren einen Machtfaktor, der stärker als jeder Staat sei. "Google besitzt über jeden von uns und jede Organisation ein Dossier, das jenseits von Werbung viel wert ist", meint der Wissenschaftler gar.

Solcher Kritik begegnet der Web-Konzern mit dem Hinweis auf sein Firmenmotto "Don't be evil" ("Sei nicht böse") - und der Tatsache, dass man beispielsweise der US-Regierung bislang stets verwehrt habe, in seine wertvolle Suchanfragensammlung zu schauen. Datenschützer wie das "World Privacy Forum" stehen Krankenaktenspeicherdiensten wie Google Health dennoch kritisch gegenüber. So verbiete in den USA die aktuelle Gesetzeslage zwar, dass Krankenhäuser und Ärzte Daten beliebig, also etwa an Arbeitgeber, weitergäben. Doch Systeme, die der Nutzer selbst steuere (dazu gehört Google Health), seien von diesem Schutz nicht abgedeckt.

Zudem lässt sich bislang noch nicht mit Bestimmtheit sagen, wie Google im Feld der Gesundheitsdienstleister überhaupt sein Geld verdienen will. Der erste mögliche Plan, Online-Werbung, wirft viele Fragen auf: Will man beispielsweise als chronisch Kranker mit Anzeigen für neue, verschreibungspflichtige Medikamente direkt in seiner Krankenakte belästig werden, wie das nach US-Recht durchaus möglich wäre? Der Konzern könnte damit gut verdienen: Eine Milliarde Dollar im Jahr, schätzen Experten, ist der Gesundheits-Werbemarkt im Internet derzeit allein in den USA schwer - und die gewünschten Zielgruppen könnte Google ganz genau erfassen. John Paczkowski, Autor für den "Wall Street Journal"-Webdienst "All Things Digital" sieht daher bereits ein heraufziehendes "Privatsphärendesaster". Was, so fragt er in einem Blogeintrag, wäre wohl, wenn solche Daten plötzlich bei Krankenkassen landen? Sind die Daten einmal derart massiv gesammelt, könnte das (wenn auch vielleicht ungewollt) passieren.

Bei Google ist das Thema jedenfalls hoch aufgehängt. Marissa Mayer, eine der bekanntesten Managerinnen des Konzerns, hat den Bereich "Google Health" vor einem halben Jahr maßgeblich übernommen. Sie hält das Projekt mit der Cleveland Clinic dementsprechend für einen "Meilenstein". Google ist übrigens nicht der einzige IT-Konzern, der sich für den Zukunftsmarkt Gesundheitsdienstleitungen interessiert. Auch Microsoft engagiert sich in dem Feld ("HealthVault") und Anbieter wie "WebMD" und das von dem Ex-AOL-Manager Steve Case geführte Unternehmen "Revolution Health" kämpfen um Marktanteile auf dem Sektor.

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