Gesundheit: Werbung im Wartezimmer
Die BKK Mobil Oil bezahlt Ärzte, damit diese für Versicherte eines Spezialtarifs besondere Serviceleistungen erbringen und für die Krankenkasse werben. Das sei unlauter, sagt die Ärztekammer.
Unter dem Motto "Gesetzlich versichert, privat behandelt" wirbt die Betriebskrankenkasse BKK Mobil Oil seit Kurzem für ihren neuen Zusatztarif Privat-Plus, der ab dem heutigen Freitag in Anspruch genommen werden kann. Um möglichst viele Versicherte für den Zusatztarif zu gewinnen, hat die Krankenkasse mit Sitz in Celle eine zweifelhafte Werbekampagne gestartet: Sie bezahlt Ärzte in Hamburg und Niedersachsen für Werbung in ihren Praxen.
Das belegen Vertragsunterlagen, die der taz nord vorliegen. Danach sollen Ärzte, die diesen Vertrag eingehen, BKK-Versicherte auf den Wahltarif hinweisen. Hierzu stelle die Krankenkasse den Arztpraxen Informationsmaterial zur Verfügung, das "zugänglich zu machen oder auszulegen" sei. Außerdem müssen die Ärzte gegenüber den Versicherten der Krankenkasse und anderen Patienten die BKK Mobil Oil "positiv" darstellen. "Negative Äußerungen sind zu unterlassen und mit diesem Vertrag nicht vereinbar", so der Vertrag.
Für ihre Leistungen im Rahmen des Vertrags, zu denen auch verkürzte Wartezeiten und ein Facharzttermin innerhalb von sieben Tagen nach Kontaktaufnahme gehören, erhalten die Ärzte einen zusätzlichen Betrag von 50 Euro pro Patient.
Versicherte der BKK Mobil Oil, die an dem Zusatztarif Privat-Plus teilnehmen, müssen keinen Zusatzbeitrag zahlen.
Sie müssen jedoch für drei Jahre bei der Krankenkasse versichert bleiben.
Zusätzlich zu den gesetzlich festgeschriebenen Praxisgebühren ist ein Eigenanteil von maximal 200 Euro bei ambulanten Vorsorgeleistungen, Krankenhausaufenthalten und anderen medizinischen Leistungen zu zahlen.
Geleistet wird dafür ein Termin beim Facharzt innerhalb von sieben Tagen.
Weiterhin maximal 30 Minuten Wartezeit in der Praxis und eine Behandlungsdauer von etwa zehn Minuten.
"Ich habe den Vertrag gleich in den Papierkorb geworfen", sagt Rossi Niehus, Frauenärztin im niedersächsischen Wunstorf. Natürlich fände sie es nett, diesen Betrag als Honorar zu kriegen. Für die Arbeit, die die Ärzte leisten, sei dies auch "ein angemessenes Honorar", sagt Niehus. Bestimmte Patienten bevorzugt zu behandeln und Werbung für die BKK zu machen sei jedoch nicht in Ordnung. Es sei schade, dass der Berufsverband der Frauenärzte diesen Vertrag mit der BKK Mobil Oil eingegangen sei.
Der Berufsverband Frauenärzte e. V. hat den Rahmenvertrag mit der Krankenkasse abgeschlossen und die Vertragsunterlagen an Ärzte ausgesandt. Mittlerweile gibt Verbandspräsident Christian Albring zu, einen Fehler gemacht zu haben: "Wir haben das Angebot der Krankenkasse angenommen, weil die Kollegen im Moment sehr unter Honorardruck stehen." Obwohl er an den Verhandlungen für den Rahmenvertrag teilgenommen habe, habe er nicht gewusst, dass in den Arztpraxen für einen besonderen Tarif der BKK Mobil Oil geworben werden muss. "Wir werden den Vertrag revidieren, oder ganz kündigen", sagte Albring am Donnerstag.
Nach NDR-Informationen sollen bereits 450 Ärzte in Niedersachsen an dem Vertrag teilnehmen. Auch Gynäkologe Hartmut Klein aus Hamburg findet es in Ordnung, einen solchen Vertrag einzugehen. Er habe ihn zwar noch nicht unterzeichnet, denke aber darüber nach. Die Ärzte hätten zwar kein Nachfrageproblem, aber ein Erlösproblem. "Wir sind gedeckelt. Ich kann gar nicht mehr arbeiten", sagt Klein. Wenn Leistung und Service bezahlt würden, dann sei das in Ordnung. Es werde ja nichts verheimlicht. "Jede andere Kasse kann genauso verfahren."
Das sieht Dorthe Kieckbusch von der Ärztekammer Hamburg anders: Die BKK-Werbekampagne sei vielleicht nicht verboten, sagt sie, "den Ärzten ist es aber verboten daran mitzuwirken". Sie hätten sich an die Berufsordnung zu halten, die solche Praktiken untersage. Gegen die Werbekampagne könne die Ärztekammer allerdings nur vorgehen, wenn sich Patienten über Werbung in den Praxen beschwerten.
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