Gesuch an IWF eingereicht: Strauss-Kahn tritt zurück
Der unter Vergewaltigungsverdacht stehende IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn legt sein Amt nieder. In der Nachfolgerfrage stellte Brasilien den Anspruch Europas auf den IWF-Chefsessel in Frage.
![](https://taz.de/picture/266817/14/iwf_weltbank0519.20110519-09.jpg)
NEW YORK rtr | IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn tritt zurück. In dem am Donnerstag vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichten Rücktrittsgesuch wies der wegen versuchter Vergewaltigung in New York inhaftierte Franzose allerdings die Vorwürfe gegen ihn entschieden zurück.
"Ich möchte meine ganze Stärke, meine ganze Zeit und all meine Energie verwenden, um meine Unschuld zu beweisen", begründete er seinen Schritt. Zudem wolle er den IWF schützen. Dem 62-Jährigen wird sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung einer Hotelangestellten vorgeworfen.
Der Währungsfonds verliert seinen Chef mitten in der europäischen Schuldenkrise. Der IWF kündigte mit, in "naher Zukunft" über den Prozess zur Auswahl eines neuen Chefs zu informieren. Derzeit hat IWF-Vize John Lipsky die Aufgaben von Strauss-Kahn übernommen. Ein offizieller Interimschef wurde aber nicht ernannt.
Strauss-Kahn hat unterdessen einen neuen Antrag auf Freilassung gegen eine Kaution von einer Million Dollar gestellt. Das zuständige Gericht sollte noch am Donnerstag darüber verhandeln.
Wellink bringt Trichet ins Spiegel
Die Diskussion über einen Nachfolger war bereits vor dem Rücktritt voll entbrannt. Der niederländische Notenbankgouverneur Nout Wellink brachte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet als Kandidaten ins Spiel. Trichet wäre ein "fantastischer Kandidat", sagte Wellink im niederländischen Fernsehen. Trichet soll allerdings erst Anfang November von seinem bereits nominierten Nachfolger, Italiens Notenbankchef Mario Draghi, abgelöst werden.
Die Bundesregierung und die EU-Kommission hatten sich für den Fall des Rücktritts bereits für einen Europäer auf dem IWF-Chefsessel ausgesprochen und damit Schwellenländer wie China und Brasilien herausgefordert, die den traditionellen Anspruch Europas auf den Posten knacken wollen. Brasiliens Finanzminister Guido Mantega bekräftigte kurz vor dem Rücktritt die Haltung seiner Regierung. Der nächste IWF-Chef solle auf Grundlage seiner Eignung und nicht seiner Nationalität ausgewählt werden, schrieb Mantega in einem Brief an seine Kollegen in der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer.
Eine Übereinkunft zwischen den Europäern und den USA hat seit der Gründung des IWF im Jahr 1945 dafür gesorgt, dass ein Europäer das Washingtoner Institut leitet - vier Mal war dies bereits ein Franzose. Im Gegenzug benennen die Amerikaner bislang immer den Chef der Schwesterorganisation Weltbank.
Auf den nächsten IWF-Chef warten große Herausforderungen. Ein Ende der europäischen Schuldenkrise ist noch lange nicht in Sicht, und auch in den USA verschärft sich die Haushaltslage kontinuierlich weiter. In vielen Schwellenländern dagegen droht wegen rasantem Wirtschaftswachstum Inflation. Große Schwellenländer kämpfen seit geraumer Zeit darum, dass sich ihre wachsende wirtschaftliche Bedeutung in der IWF-Organisation widerspiegelt.
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